http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-02/0108
Vornehmer Engländer
Holbein als Vertrauter des Königs
Das Vertrauen des Königs muß Holbein in hohem Maße besessen haben, denn der
König bediente sich seiner Person (d.h. seiner Augen) in den heikelsten Angelegenheiten
.
Nach dem Tode seiner dritten Gemahlin, Jane Seymour, wurde Holbein Anfang 1538
nach Brüssel gesandt, um die junge Christine von Dänemark, welche 1535 Franz Maria
Sforza, Herzog von Mailand, als Witwe zurückgelassen hatte, zu malen. Christine war
die Nichte des Kaisers Karl V. Die Verbindung Heinrichs mit ihr wäre das beste Zeichen
eines freundschaftlichen Verhältnisses zwischen England und dem Kaiser gewesen, welcher
dadurch sogar vor den Augen von ganz Europa dargetan hätte, daß die Verstoßung
seiner Tante Katharina von Aragon durch König Heinrich vergessen und vergeben sei.
Von seiten des englischen Hofes wurde getan, was bei fürstlichen Brautwerbungen
zur Etikette gehörte: der Freier sandte einen Maler - Hans Holbein - ab, um die Dame
seiner Wahl zu konterfeien. Der Geschäftsträger in Flandern, John Hutton, schrieb an
den König: »Meister Hansen, wenn er auch nur drei Stunden Zeit hatte, erwies sich als
Meister in jener Kunst, denn das Bild ist ganz vollkommen.«
Drei Stunden saß ihm also Christine; das genügte für Holbeins Formengedächtnis zur
Schöpfung eines vollendeten Porträts. Das Ehebündnis zerschlug sich aber, und Christine
heiratete später den Herzog von Lothringen.
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