http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-02/0163
Julius Bogenschütz schrieb:
»Ich wurde am 28. Oktober 1833 in Basel geboren und erhielt die Namen Josef Julius.
Da mein Vater katholisch war, wurde ich katholisch getauft. Meine Mutter war evangelisch
und ich wurde auch so erzogen und konfirmiert, meine jüngeren Geschwister, zwei
Schwestern, wurden dann auch evangelisch getauft und erzogen, ebenso wurde ein 2
Jahre älterer Bruder katholisch getauft, evangelisch erzogen und konfirmiert.
Mein Vater ist in Sickingen bei Hechingen (Hohenzollern) geboren. Sein Vater war
Leineweber, dessen Frau war von Giningen (Gunningen?), Württ, eine geb. Haubensack
. Meine Mutter ist in Altensteig/Württ. geboren, deren Vater Lutz hier Wirt und
Bürgermeister war. Er starb, als meine Mutter etwa 15 Jahre alt war. Ein Jahr später verheiratete
sich die Mutter wieder mit einem Manne, der aber nicht in die Familie paßte
und die Ursache wurde, daß meine Mutter fort in fremde Dienste nach Basel ging.
Als mein Vater konfirmiert war, lernte er das Maurerhandwerk und kam später als
Maurer auch nach Basel, wo er meine Mutter kennen lernte und sich dann verehelichte.
Da mein Vater seine Geschäfte gründlich kannte, wurde er, nachdem die ersten Fabriken
im Wiesental gebaut wurden, nach Steinen gesandt - 1837 um den Fabrikneubau hier zu
leiten, später hat mein Vater die Bauarbeiten in Schönau übernommen und 2 Jahre in
Schönau gewohnt, nachher ist er wieder zurück nach Steinen gezogen. Wir wohnten damals
in dem jetzt Sütterlin Bäcker'schen Hause.
1838 erhielten meine Eltern hier das Bürgerrecht, und 1840 wurde mit dem Neubau
unseres Hauses begonnen. Von jetzt ab hat mein Vater viele hiesige Wohnhäuser sowie
die Fabrik in Haagen gebaut und ist dann schon 1844 gestorben, als ich noch nicht 11
Jahre alt war. Meine Mutter verheiratete sich ein Jahr später mit dem Geschäftsführer
Friedr. Dose aus Eutin (Oldb.) und schenkte noch 2 Söhnen das Leben, Karl und Fritz.
Karl starb als talentvoller Schüler im 13. Jahre, Fritz lernte später das Maurerhandwerk.
Von Basel, wo meine Eltern mit einer befreundeten Familie noch immer Verkehr hatten
, erhielten wir öfters Besuch, ebenso kamen wir öfters nach Basel, besonders, wenn
wir Schulferien hatten und so hatte ich einmal Gelegenheit, einen alten widrigen Brauch,
der sich in Basel lange gehalten hat, mit anzusehen. Es war dies etwa 1840 oder 1841. Da
wurde ein Dienstmädchen, das etwa 18 Jahre alt war, wegen geringen Diebstahls, es hatte
Essware bei seiner Herrschaft gestohlen, unbedeutende Sachen, allerdings wiederholt,
deshalb vom Polizeigericht verurteilt, eine Stunde auf dem Schandpfahl zu stehen.
Der Schandpfahl war eine Stange - etwa 4 Meter hoch - die wurde vor dem Rathaus in
den Boden eingegraben. In 3 Meter Höhe war ein Brett befestigt. Hierauf mußte die Verurteilte
— an die Stange gebunden - stehen. Es wurde ihr eine Tafel angehängt, worauf geschrieben
stand, was sie gestohlen hatte, meistens unbedeutende Sachen. Da hatte die Jugend
das Recht, mit faulen Eiern nach der Verurteilten zu werfen. Es war dies das
Schändlichste, was ich je gesehen habe. Ganz mit Kot beworfen, wurde sie nach einer
Stunde losgelöst. Es war ein sehr schönes Mädchen aus ?-berg. Solche Justiz wurde noch
Anno 1840 in dem freien Basel geübt. Ich war noch ein kleiner Bub, aber mich hatte es
angewidert. Wenn man bedenkt, daß es doch nur Naschereien waren, so war eine solche
Strafe abscheulich.
Das Jahr 1848 war ein arg bewegtes. Ich hab hier Hecker, Struve und verschiedene
Freiheitshelden (? das Wort ist sehr unleserlich) gesehen. Am Tage vor dem Gefecht auf
der Scheidegg bei Kandern bin ich, als Hecker mit den Freischaren von hier nach Rändern
abzog, neben Hecker hergelaufen bis fast ins Kloster. Am Tag darauf, als das Gefecht
stattfand, mußte ich im Auftrag hiesiger Demokraten mit einem Schreiben nach
Schlächtenhaus. Als ich gegen das Kloster kam, hörte ich das erste (?) ganz genau von
Scheidegg und dann fortwährend heftiges Schießen und bald darauf begegneten mir eine
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