http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1986-02/0074
Die deutsche Republik auf der Schusterinsel 1848. Nach einer Lithographie von Heß.
Baden oder der Deutsche Bund gegen Frankreich wegen des Herweghzuges und seiner
Begleiterscheinungen in der Gegend von Hüningen je Beschwerden erhoben, davon hat
man nie etwas gehört. Es war eben damals wie immer und überall: man ließ seinen Unmut
an dem Kleinen aus und hütete sich wohl, mit einem Großen anzubinden.
Als die Freischärler in Kirchen ankamen, erreichte sie der Befehl zur Rückkehr; wir
wissen nicht, wer ihn gegeben hat. Gegen Abend kamen sie wieder auf der Schusterinsel
an, und nun beschlossen sie, sich dort festzusetzen. Sie glaubten durch deren Festhalten
der Herweghschen Legion, deren Rheinübergang jetzt bekannt wurde, einen Rückhalt
zu bieten. Ein paar ganz rosenrote Vertrauensselige mochten gar noch hoffen, daß von
diesem äußersten winzigen Flecke deutschen Landes aus die Deutsche Republik sich
doch noch durchsetzen werde.
Der alte Rhein, der die abgelegene umbuschte Insel landeinwärts abgrenzte, war damals
noch nicht aufgefüllt. Der Ort verdiente also seinen Namen noch und bot als wirkliche
Insel einige Sicherung. Die zwei- bis dreihundert Mann, die sie nun besetzten und
zu denen beständig noch einzelne Versprengte der andern Freischarenzüge stießen, bemühten
sich alsobald, ihre Stellung zu verstärken. Sie hieben viele der hohen Pappeln
um, die aus ihrem Unterholze emporstiegen und errichteten aus ihnen Verhaue; auch
warfen sie an verschiedenen Stellen Schanzen auf. Ihre Vorposten standen bis in die Nähe
der Leopoldshöhe, die nach dem Großherzog hieß, den sie entthronen wollten. Ein
Schiffmeister der schwimmenden Brücke, der aus dem Lande Baden stammte, begünstigte
sie dabei, indem er ihnen von Großhüningen das nötige Werkzeug brachte. Große
Mengen von Stroh wurden zur Zubereitung der Nachtlager auf die Insel geschleppt und
die Gemeinde Weil, in deren Bann die Schusterinsel liegt, sorgte für Nahrung und Erfrischung
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