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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 2.1986
Seite: 126
(PDF, 45 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1986-02/0128
Rudolf Kraus -
der erste Ehrenbürger der Stadt Weil am Rhein

Friedrich Resin

Am 22. September 1946 hat die Stadt Weil am Rhein ihren ersten Berufs-Bürgermeister
Rudolf Kraus »in dankbarer Würdigung seiner außerordentlichen Verdienste um die
Stadt zu ihrem ersten Ehrenbürger« ernannt.

Bis in das Jahr 1919 wurde die Gemeinde Weil von ehrenamtlichen Bürgermeistern
verwaltet. Alle diese waren angesehene und wohlhabende Landwirte, die, und dies muß
man aus dem Geist jener Zeit verstehen, in erster Linie die Belange der alteingesessenen
und besitzenden Bürgerschaft vertraten.

Mit dem Bahnbau, der beginnenden Industrialisierung, dem Abwandern von Söhnen
und Töchtern in die Fabriken und dem Zuzug von Arbeitern und Beamten in die entstehenden
Ortsteile Friedlingen, Leopoldshöhe und Otterbach verschob sich die Bevölkerungsstruktur
und das Sozialgefüge innerhalb der Gemeinde beträchtlich. Die Zahl der
Einwohner verdoppelte sich von 1.419 im Jahre 1852 auf 3.010 im Jahre 1919-allein von
1900 bis 1919 um 1.000 Seelen. Diese Entwicklung konnte sich nicht reibungslos vollziehen
.

Am Ende des Ersten Weltkrieges (1918), als die Soldaten zum Teil politisch ideologi-
siert und fanatisiert aus dem Felde heimkehrten, wurde die allmählich entstandene Kluft
zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen, Besitzbürgern und Habenichtsen, zu
Kriegsdienst Gezogenen und Freigestellten zur offenen Zwietracht. Der damalige ehrenamtliche
Bürgermeister Philipp Bertsch trat Ende 1918 von seinem Amt zurück und
überließ es seinem Stellvertreter, Maurermeister Johann Fazis, der das Amt bis in den
Sommer 1919 hinein wahrnahm. In dieser Zeit war es unmöglich, daß sich die Parteien
auf eine Person aus der Gemeinde als neuen Bürgermeister einigen konnten.

Schließlich bewilligte der Bürgerausschuß am 7. Juli 1919 den vorausgegangenen Gemeinderatsbeschluß
vom 4. Juli 1919, die Stelle eines Berufs-Bürgermeisters auszuschreiben
. Bereits am 29. August 1919 wurde der Städtische Revisor aus Mannheim, Rudolf
Kraus, der sich auch in Gaggenau um den Posten des Bürgermeisters beworben hatte
, mit 52 von 55 der zur Abstimmung erschienenen Wahlmänner (Bürgerausschuß) gewählt
. Kraus nahm die Wahl an und begann seinen Dienst am 1. Oktober 1919.

Mit Kraus kam ein »Unterländer« nach Weil, mit niemandem versippt oder verschwägert
, politisch aus der Mitte (er war Mitglied der Demokratischen Partei), eine in sich ruhende
, selbstsichere Persönlichkeit mit Autoritäts-Ausstrahlung - und wie sich im Laufe
der Zeit herausstellte, mit Weitblick und Initiative, ein Bürgermeister also, wie er für das
zerstrittene Weiler Publikum nötig war.

Rudolf Kraus wurde am 6. Juli 1882 als Sohn der Schuhmachermeistereheleute Josef
Kraus in Bruchsal geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums
entschied er sich für die Verwaltungslaufbahn und war zunächst als Finanzgehilfe beim
Domänenamt seiner Geburtsstadt tätig. Im Jahre 1904 legte er mit Erfolg die Staatsprüfung
als Finanzassistent ab und war in dieser Eigenschaft bei mehreren Finanzämtern des
Unterlandes eingesetzt. Eine zweijährige Tätigkeit beim Verwaltungshof Karlsruhe ist
für seine weitere berufliche Entwicklung sehr fördernd gewesen. Zu Beginn des Jahres
1910 wurde er erster Ratschreiber der Gemeinde Sandhofen. Nachdem der Ort zu
Mannheim eingemeindet worden war, wurde er in die städtischen Dienste der Stadt

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