http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-02/0020
Das Bezirksamt Schopfheim schloss sich diesem Gutachten an, damals glaubend,
"dass das Entstehen neuer Papierfabriken im Allgemeinen wie im Einzelnen viel mehr
schaden werde". Bereits am 16. Februar 1836 kam die Entscheidung des Grossherzoglich
Badischen Innenministeriums, "dass man auf dieses Gesuch nicht eingehen könne,
da die Vermehrung der Papierfabriken durch Ausländer im Intersse des Landes nicht
liegt"17).
Thurneisen gab nicht auf. Er legt Rekurs ein. Die Papierfabrikanten Sutter aus
Schopfheim undThoma aus Todtnau wurden wieder als Sachkundige vom Schopfhei-
mer Bezirksamt herangezogen. Sie stellten fest, dass in Baden pro Jahr ca. 35000 Zentner
Lumpen anfallen. Die vorhandenen Papiermühlen sind zu ihrer Verarbeitung ausreichend
. Jährlich werde der Bedarf von 6740 Ballen Druck - Schreibpapier produziert.
Das reiche aus.
Thurneisen reagierte sehr geschickt. Zusammen mit seinem Bruder, der gleichfalls in
Kandern eine Papiermühle betrieb, legte er dar, dass es sich nicht um eine neue Mühle
handle, sondern lediglich um eine Verlegung nach Maulburg.
Am 13. Mai 1836 gestattet das Ministerium des Innern den Gebrüdern Thurneisen
diese Verlegung nach Maulburg und erteilte die staatliche Genehmigung für den hiesigen
Grundstückskauf18'.
Maulburg hatte damit das Tor zur Industrialisierung geöffnet.
Wie schwierig es war, im 19. Jahrhundert Gewerbe und Industrie anzukurbeln , zeigt
ein anderes Beispiel aus Maulburg.
Bereits vor der Industrialisierung unseres Raumes war der Gipsabbau für Maulburg
ein einträgliches Gewerbe. Schon 1792 glaubte der Lörracher Ökonomierat Sonntag
auf Maulburger Gemarkung auf einen Hinweis des alten Stabhalters Hans Jakob
Blum, Gipsvorkommen entdeckt zu haben. Für ihn und für sich beantragte er darum
bei der Markgräflichen Hofkanzlei in Karlsruhe eine Abbaugenehmigung. Dieses Gesuch
wurde abgelehnt, weil der zuständige Bergwerksassessor das Ganze für eine Windbeutelei
hielt. Mergel sei von unerfahrenen Leuten für Gips gehalten worden.
30 Jahre später sah es anders aus. Der Strassenwirt Grether entdeckte ebenfalls Gipsgruben
und erhielt von der Grossherzoglichen Bergwerksinspektion 1818 die Erlaubnis
, diese Gipsgrube abzubauen. Mit dieser Erlaubnis wurde ihm versichert, dass ihm
nichts in den Weg gelegt werde, eine Gipsstampfe zu errichten. Er beantragte darum
beim Bezirksamt den Bau einer Gipsmühle.
Vogt Friedlin berief daraufhin eine Bürgerausschußsitzung ein, denn zum Betrieb
der Gipsmühle brauchte Grether das Wasser der Wiese. Grether hatte bereits eine Genehmigung
zum Betrieb einer Sägmühle. Der Bürgerausschuss erklärte: "Sie seien
nicht schuld, dass der Strasswirt Grether zu viele Kosten auf seine Gipsgruben verwendet
habe, ohne das Recht, solchen mahlen zu dürfen, erworben" zu haben. Sie beharrten
darauf, dass Grether den "Betrieb des Wasserrades niemals zu einem anderen Gewerbe
als zur Sägmühle" verwenden dürfe.
Zugleich beschwerten sie sich, dass er seine Einrichtung so erstellt habe, dass er bei
jedem Wasserstande sie gebrauchen kann, damit aber "die Mattenbesitzer von derWäs-
serung" ausschliesse. Das jetzt beantragte Doppelgewerbe - Säge- und Papiermühle -
schade den Mattenbesitzern noch mehr. Der Ausschuß bittet darum zur Erhaltung der
Wasserrechte, Grether - im Falle der Genehmigung - zur "strengsten Erfüllung der Auflagen
" anzuhalten und ihm "bei Strafe aufzuerlegen, nie mehr als eines seiner Gewerbe
oder Wasserräder in Bewegung zu setzen, überhaupt nie beide Gewerbe gemeinsam zu
18
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