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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 2.1987
Seite: 66
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-02/0068
So sind die Urkunden von Ernst Grether für Vereine, Jubilare und besondere Verdienste
, die er in den Jahren um 1930 anfertigte, wahre Kunstwerke, an denen er auch
die Handvergoldung der Anfangsbuchstaben mit Blattgold, das mit einem Achat auf
eine Fischleimpaste aufgerieben wurde, praktizierte.

Wenn seine Hand nach dem Kriege nicht mehr ruhig genug war, um seinen hohen Ansprüchen
im Kunstschriftschreiben zu genügen, so half ihm doch seine umfassende
Kenntnis alter Schriften besonders in der Heimatforschung.

Zur gleichen Zeit, also zwischen 1920 und 1935, erlangte Ernst Grether auch als
Holzschneider beachtliche Fähigkeiten. Es gibt einige Blätter, in denen er sich wohl
vom Expressionismus inspirieren ließ. Der Holzschnitt ist ja eine typische Technik dieses
Stils, aber wahrscheinlich fand er nicht die Möglichkeit, seine Vorstellungen eines
Kunstwerkes voll Licht. Luft und Poesie in dieser Technik zu verwirklichen. Immerhin
hat er aber einige gute Titelblätter zu Büchern gestaltet, z. B. auch 1930 zum Heft "Das
Markgräflerland".

Ernst Grether gehörte zu den Menschen, die sich ihre Welt bauen und darin Glück
und Befriedigung finden. Der belebende Zauber seiner Persönlichkeit war Mittelpunkt
seines Hauses. Er brauchte seine Familie, seine Freunde und seine Umgebung. In diesem
geordneten Milieu kam der Reichtum seines innerlichen Lebens zum Tragen. Er
war kein asketischerTyp des armen Poeten und kein chaotischerWeltverbesserer. Seine
politische Naivität ließ ihn die Machenschaften der Nazis unterschätzen, was Anfeindungen
, Intrigen und einen Karriereknick zur Folge hatte. Schon 1936 hat er den Krieg
vorausgesehen, er äußerte einmal: "Ich brauche keine braune Uniform, ich muß bald
die graue anziehn."

Für sein malerisches Lebenswerk ist wichtig, daß der intensive Beginn der Malerei
etwa in die Mitte der 30er Jahre fällt. Schon damals verzichtete er auf Kühnheit der Anschauung
, auf effektvolle Gesten und übergroße Formate . Seine Bilder kommen nicht
grellfarbig und dekorativ daher, sondern sind mit frischer, natürlicher Lust gemalte
Landschaften vom Bodensee und Wiesental. Dorfinterieurs, "Das Wagnerhaus". "Die
alte Güterhalle", "Die Kirche in Maulburg", "Die alte Wiesenbrücke". Der feine Farbensinn
des Ernst Grether, die ausgleichende Koloristik mildern bei diesen frühen Werken
das allzu Naturalistische. Die Wahl des Motivs ist jedoch immer sicher getroffen
und der Raum auf der Leinwand richtig verteilt. Ansprechend sind die Baumgruppen
und einzelne Bäume auf der Insel Reichenau, mit dem Bodensee im Hintergrund, die
in gelöster Atmosphäre in den Ferien entstanden sind.

Der Krieg machte 1939 dem Bildermalen ein Ende. Aber weder beim Feldzug durch
Frankreich noch im russischen Winter oder später in der Bucht von Rapallo bei Genua
konnte und wollte Ernst Grether auf künstlerische Tätigkeit verzichten. Er zeichnete,
wie schon in der Schulzeit, in jeder dafür geeigneten Minute. Er zeichnete mit dem
Bleistift, mit der Feder, mit Kohle, mit Rötelstift, mit Farbstiften auf Briefpapier, Zeichenblock
, Papiertüten, Karton, kurzum, was er eben gerade zur Hand hatte. Es entstanden
köstliche Augenblicksstudien, mit Datum und Ort versehen, die sich wie ein Tagebuch
lesen lassen. Karikaturen sind selten und nie bissige Satire. Sein Humor berührte
immer eine feine, herzliche, zarte Saite. - Durch diese jahrzehntelange Übung
erlangte Ernst Grether große Sicherheit im Zeichnerischen.

Seine eindrucksvollsten Portraitzeichnungen entstanden in einem Gefangenenlager
in Pisa. Fast als scheute er sich, seine profunde Menschenkenntnis preiszugeben, trat er
als Portraitist nie an die Öffentlichkeit.

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