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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 2.1987
Seite: 88
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-02/0090
Die Vögte hatten in ihren Gemeinden oft keinen leichten Stand. Manchmal gehörte
viel Geschick und auch Mut dazu, die Anordnungen der Herrschaft durchzuführen in
Kenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse eines jeden Dorfgenossen, diese bei der
Durchführung der Bestimmungen nicht gänzlich zu überfordern, sich nicht ihren Unwillen
und ihre Gegnerschaft zuzuziehen.

Besonders waren es die Schätzungen, Umlagen, die anteilmäßig von Kriegslasten, Naturereignissen
, Sonderausgaben der Herrschaft auf jeden zukamen. Der Erlaß von
Oberamtmann Wielandt spricht eine unerbittliche Sprache: Man müsse beim Eintreiben
der Gemeindeaußenstände gegen Saumselige mit mehr Nachdruck verfahren. Bei den
Gemeinden ist es nichts als Saumsal, Nachlässigkeit und unverantwortliche Nachsicht.
Der Gemeindeschaffner soll ab 27. Januar 1776 innerhalb zehn Tagen vor versammelter
Gemeinde zahlen. Sonst erfolgt Angriff auf das parate Vermögen, Früchte, Wein oder
sonstige Fahrnis, da die Exekution (Gefängnis) meistens ohne Wirkung ist. Man hat erlebt
, daß die Vorgesetzten (Vögte) die Anordnungen nicht zum Vollzug bringen, sie hegen
lassen. In Zukunft gibt es keine Nachsicht gegen saumselige Vorgesetzte, sondern eine
empfindliche Strafe. Zum anderen will das Oberamt »die Vorgesetzten, die die Anordnungen
ausführen, gegen die Nachrede und widrige Gedenkungsart ihrer Untergebenen
kräftig schützen«.

Weniger ausführlich ist dann die Anweisung 1782 in gleicher Sache mit einer Frist von
14 Tagen und dem Befehl an den Hatschier, ohne Rücksicht alles, was Geld gibt, auf die
Gemeindestube tragen zu lassen, um es öffentlich zu verkaufen.

Wir haben schon einiges an allgemeiner Belastung, denen Wirte ebenso ausgesetzt waren
, gebracht. Weiteres sei nun in gebotener Kürze aufgeführt: Da waren der Taufschilling
und der Toten-Plappert für jedes Begräbnis zu zahlen. Das »Rauchhuhn« für die
Herrschaft war jährlich seit unvordenklichen Zeiten zu leisten. Das brachte dieser für ein
Haus oder eine Wohnung zwei Hühner. Im Januar 1750 lenkte man ein: In Ansehung
der in dieser Vogtei wohnenden Untertanen, welche diese Gefäll (Abgabepflicht) von ihren
schlechten und geringen Hütten jährlich in allerweg schwerfallet, ist aus gnädiger Beherzigung
gezogen worden ... In der III. Steuer-Klaß, der mit nichts als Hütten, sogenannten
armen Bewohnern, von drei dergleichen Häuslein oder Hütten zusammengenommen
zu zahlen. - Das waren zwei statt bisher sechs Hühner.

Auch Rechnungen folgender Zehnten blieben erhalten: für Frucht, Kraut, Rüben,
Hanf, Tabak, Erdäpfel, Matten, Klee und Obst. Vor versammelter Gemeind wurde jährlich
auf dem Marktplatz die Erat- und Zehntordnung der Herrschaft vorgelesen, so auch
1784. Ebenso hatte man den Leibschilling, den Hochzeitsschilling und den Leibeigenschilling
zu entrichten. Eine Aufstellung im Stadtarchiv von 1786 enthält die Personen,
die in Müllheim leibeigen gewesen oder noch sind. Es waren 120 Männer und 10 Ehefrauen
, darunter auch die Frau des Kreuzwirts Johann Fischer und der Roßlinwirt Johann
Willin. Damals waren zunächst nur die Untertanen des Markgrafen freigekommen
, nicht aber die anderer Herren und geistlicher Grundherrschaften in der Markgrafschaft
. Wegen der Schätzung hatte man am 10. April 1782 in Vögisheim zu erscheinen
und diese »ohne einigen Widerstand abzurichten«.

Man konnte seine abgabepflichtigen Untertanen bei Naturkatastrophen nicht ohne
Hilfe lassen, verlor man doch für Jahre wichtige Zahler. So wurde dem Markgrafen als
gütigem Landesvater bei seiner Ankunft in Müllheim im August 1783 eine Dankadresse
überreicht für den Nachlaß der Schätzung und aller Schuldigkeiten in Winterfrüchten
wegen des Hagelschadens in der Vogtei Badenweiler und im Amt Sulzburg und für die
Versorgung mit Brot und Saatkorn.

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