http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-02/0131
Zum Vogt gehört die Vögtin, die Hausfrau im Weiler Pfarrhaus. Für Karoline
Günttert reimt Hebel im Januar 1808: Frau Vögtin in dem Unterröcklein I was treibt Sie
und was macht Sie guts, I spinnt sie vielleicht vergnügten Muths I Manschetten Zwirn an
einem Zöcklein?
Wegschnapper: siehe der böse Wegschnapper.
Was treibt denn der Witlinger, von dem ich seit seiner Abreise keinen Sylbenlaut vernommen
habe, fragt Hebel seinen Freund Hitzig im Januar 1813. Der W i 111 i n ge r ist
Karl Ludwig Hitzig, der Bruder, der Archinetoreck, Pfarrer in Rüppurr, seit 1812 in
Wittlingen.
Der wohlselige Schwabenhammel: siehe Pfeddelbacher Oberhammel.
Nach dem Alphabet ist Zenoides der letzte Ubername. So redete Hebel seinen
Freund Friedrich Wilhelm Hitzig an, den vertrautesten, den er hatte. An keinen hat der
Dichter so oft geschrieben, mit keinem hat er so viele Themen besprochen wie mit Hitzig
, der 1767 in Bischoffingen geboren wurde, in Jena studierte, mit zwanzig Jahren das
theologische Examen mit Auszeichnung bestand, Pfarrvikar in Rötteln bei seinem Vater
war, dann Präzeptoratsvikar am Pädagogium in Lörrach, später Prorektor. Von 1800 -
1812 war er Pfarrer in Rötteln als Nachfolger seines Vaters, dann Dekan in Schopfheim,
1818 Pfarrer in Auggen, ab 1821 zusätzlich Dekan des Kirchenbezirks Müllheim, Abgeordneter
im Landtag, Ehrendoktor der Theologischen Fakultät Heidelberg (wie Hebel),
1828 Pfarrer und Dekan in Lörrach, Kirchenrat, gestorben 1849: ein reiches Leben! Er
hat Hebel über dessen Tod hinaus die Proteusertreue gehalten und viel für die Erhaltung
von Hebels Andenken getan. Zenoides ist von Zeno abgeleitet, dem Namen eines griechischen
Philosophen: »Abkömmling des Zeno.«
★
Gegen sechzig Ubernamen sind hier aufgezählt. Jeder Leser möge zählen, wie viele
Ubernamen für ihm bekannte Personen er zusammenbekommt. Dabei muß man bedenken
: wie viele Ubernamen hat Hebel, aus Takt, Vorsicht oder Zufall, nicht schriftlich
überliefert? Wie nannte er im kleinen Kreis den Großherzog, die Minister, die Kollegen?
Vorbei und verweht...
Eine solche Sammlung reizt dazu, einen Blick in die Werkstatt der Namensgebung zu
tun.
Wenn wir nachsehen, woher die Ubernamen geholt und wie sie gebildet sind, dann
fällt zunächst eine Gruppe auf: die mit geographischen Bezeichnungen (im weitesten
Sinne) gebildeten Benennungen. Nach dem Herkunftsort heißen sie die Müllheimerin,
der Pfeddelbacher Oberhammel alias Hohenlohescher Hammel und wohlseliger Schwabenhammel
, der Rhätier und Meister Theninger; nach der Wirkungsstätte der Kehler,
der Herrnhuter und der Wittlinger; nach einer früheren Wirkungsstätte der blutige
Braunauer; nach seinem Haus der alte Knab im Schaf.
Eine andere Gruppe bilden die Namen nach der Beschäftigung: Chrüterma, Schlangenfänger
, Steindoktor, Adjunkt und Adjunktin, vielleicht die Falschmünz erin(f)
Fremde Sprachen spielen eine große Rolle. Aus dem Griechischen kommen Parmeni-
deus, Zenoides, Doxa, aus dem Lateinischen Pater Speccius, aus dem Französischen De-
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