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moisellchen. Deutsche Namen werden in fremde Sprachen übersetzt: ins Griechische
Hebel (Mochlos; bei Hebel Mochlon: ein Irrtum des Dichters?), ins Lateinische Baer
(Ursus), Oehl (Oleum), Leonhard (Leodurus), Schweickhard (Silidurus), der Legationsrat
von Württemberg (Legatus consiliarius Cauponis ad Montem). Dazu noch eine
Sprachspielerei mit dem Lateinischen: Bonapatrix (französischer Name mit lateinischer
Endung).
Durch proteische Buchstabenvertauschung sind gewonnen: Netoreck (Storck), After-
netoreck, Archinetoreck, Felicek (Flick), Prenideset (Präsident), Steis(s)ibruser (Stein-
brunner), meistens aus Familiennamen. Gehört Drekchdu hierher?
In diesem Zusammenhang passen die proteischen Titel: Bammert, Vogt, Stabhalter,
Vögtin.
Einigemale werden Wörter verdreht, damit ein neuer Sinn aus ihnen leuchtet: aus Spe-
zial wird spitziger Aal und Spitzensalat, aus Franzosen Vielfrose, was an Vielfraß erinnern
soll. Auch Namen werden verändert: aus Katz wird Kater, aus Jägerschmidt Schüt-
zenschmid, aus Sophie Suffili (vermutlich der Kosename in der Familie).
Auf die Geistesverfassung spielen an: der entschiedenste aller Narren, Hammel,
Oberhammel, Schwabenhammel u. ä.
Manchmal übernimmt Hebel Ubernamen: Böbbi (für Basler), Notteli (von Berckheim
trug schon als Schüler diesen Namen), Morlaki: ein Ubername, der von einem Ubernamen
abgeleitet ist.
Andere Personen werden umschrieben: für Dichter steht der blinde Sänger, für Diplomat
die rätselhafte Hieroglyphe (Hieroglyphen sind die altägyptischen Laut-, Silben-
und Wortzeichen), für einen Neuen der neue Planet.
Nach der gelegentlichen Handlung nennt Hebel seinen Kollegen Doli der böse Wegschnapper
, Gustave Fecht Jungfer Sauerampfer (weil sie einmal das Gesicht verzog?)
Von einem zufälligen Scherz bleibt die Schwiegermutter.
Und einmal wird jemand nach einem Kleidungsstück benannt: der Blaurock.
Die meisten Ubernamen bestehen aus einem Wort (77%): Ursus, Oleum, Silidurus,
Herrnhuter, Müllheimer, Spitzensalat u. a. Einige stehen ohne Artikel (Zenoides, Leodurus
, Schützenschmid), andere mit (die Schwiegermutter, der Bammert, der Schwabenhammel
). Von den anderen Ubernamen weisen 18% zwei Wörter auf (mit Artikel der
neue Planet, der böse Wegschnapper, ohne Jungfer Sauerampfer, Meister Theninger
usw.) Nur wenige Ubernamen bestehen aus mehr Wörtern: Legatus consiliarius Cauponis
ad Montem, der alte Knab im Schaf, Peter I.v. G. Gnaden Wild und Rheinkönig zu
Assmanshausen und Caub etc. etc.
Auffallend ist die Vorliebe Hebels für Adjektive vor Substantiven, eine Art, Ubernamen
zu bilden, die sonst im Sprachgebrauch nicht häufig ist: der blinde Sänger:, der böse
Wegschnapper, der neue Planet, der blutige Braunauer, der wohlselige Schwabenhammel
, die rätselhafte Hieroglyphe, der alte Knab im Schaf, der Pfeddelbacher Oberhammel
, der hohenlohesche Hammel, der spitzige Aal (etwa ein Sechstel aller Ubernamen).
Dagegen fehlen sogenannte Satznamen ganz. Oder gehört Drekchdu dazu?
Eine Reihe Ubernamen taucht oft auf, manche begleiten Hebels ganzes Leben. Dazu
gehören: Chrüterma, Schwabenhammel, Bammert, Vogt, Stabhalter, Adjunkt, Schwiegermutter
, Zenoides, Parmenideus, Netoreck und Müllheimerin. Andere findet man nur
einmal in einem Brief und dann nicht wieder; trotzdem hat man den Eindruck, daß sie
öfters verwendet wurden, denn Hebel erklärt sie nicht und setzt damit voraus, daß der
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