http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0030
Weitere Gebirgsbäche aus den Vogesen wie Thür. Lauch, Fecht, Weiss. Scheer und
Schernetz verlaufen beim Eintritt in die Oberrheinische Tiefebene mit verschleppter
Mündung zunächst in nördlicher Richtung.
Die Erklärung für dieses Phänomen hilft Natur- und Kulturlandschaftsentwicklung
verstehen.
Ein Blick auf die geologisch-geomorphologische Karte enthüllt das Alter der Gesteine
in der Oberrheinebene. Es sind Ablagerungen aus der Eiszeit (Pleistozän) und
der Heutezeit oder Nacheiszeit (Holozän). Lediglich an den Rändern finden sich zur
Vorbergzone hin einige Ablagerungen tertiären Ursprungs. Die pleistozänen Ablagerungen
sind Flußschotterterrassen, sie finden sich zwischen Rhein und III und westlich
der III vorwiegend an den Stellen, an denen größere Bäche in die Oberrheinebene strömen
. Rhein und III selbst fließen in breitenTalauen mit fluviatilem Sand und Schlick aus
den letzten 10.000 Jahren. Im Sundgau, vereinzelt auf den Schotterterrassen, in und
vor der Vorbergzone und großflächig westlich von Straßburg findet sich eine Lößdecke
über den älteren Ablagerungen (Abb.3: Ausschnitt aus Dt. Landschaften - Bau und Formen
).
Während der Vereisungsperioden im Pleistozän waren die höchsten Erhebungen der
Vogesen und des Schwarzwaldes vergletschert. Im Oberrheingraben dagegen herrschte
periglaziales Klima (Klima in der Umgebung vergletscherter Gebiete) mit Bedingungen
, wie sie auch heute in der Nähe vergletscherter Gebiete etwa in Nordeuropa vorkommen
. Es gab kaum bodendeckende Vegetation. Flüsse und Bäche führten ungeheure
Mengen von Schottermaterial mit sich, welches teilweise von Gletschern als Moränenmaterial
aus dem höheren Gebirge herangeführt worden war. In der Oberrheinebene
verringerte sich das Gefälle der Flüsse und Bäche, und damit ihre Fließgeschwindigkeit
und Transportkraft. Die gröberen Schotter blieben zuerst, die feineren später
einfach liegen.
Der Rhein als größter und schotterreichster Fluß mußte durch Auf Schotterung des eigenen
Flußbettes häufig seinen Lauf verändern, er schüttete als verwilderter anastomo-
sierender Fluß (in vielfache Stromverästelungen aufgespaltener Fluß mit Verbindungen
zwischen den Stromarmen) einen riesigen Schwemmkegel auf, der im Profil eine
leicht gewölbte Oberfläche hat. Diese Niederterrasse aus der Würmeiszeit liegt tatsächlich
einige Meter höher als die Flußauen der Elsässer Bäche am Rand der Vorbergzone.
Durch ständige Aufschotterung hat der Rhein alle Vogesenbäche und die III zur Seite
gedrängt, was den eigenartig parallelen Verlauf und die Mündungsverschleppung erklärt
.
Weil keine Vegetationsdecke die eiszeitlichen Schotterfluren schützte, konnte feinstes
Schluff- undTonmaterial (Gletschermilch) vom Wind ausgeblasen werden. Es blieb
überall dort liegen, wo es nicht wieder vom Wasser weggespült wurde: an den unteren
Hängen der Berge und auf den etwas höher gelegenen älterenTerrassen des Schwemmkegels
bzw. auf den tertiären Sedimenten, die nicht von eiszeitlichen Schottermassen
zugedeckt worden waren.
Dieser eiszeitliche Flugstaub heißt Löß; er ist wegen seiner feinkrümeligen Struktur,
seiner großen Oberfläche, seines hohen Porenvolumens sowie seines hohen und für
Pflanzen leicht erschließbaren Nährstoffgehaltes ein außerordentlich fruchtbares Substrat
. Er saugt zudem Niederschlagswasser auf wie ein Schwamm und gibt es langsam
an Pflanzenwurzeln wieder ab.
In der Nacheiszeit haben Schotterführung des Rheins und seiner Nebenflüsse wieder
nachgelassen, weil Vegetation die Abtragung in den Gebirgen verhinderte. Infolgedessen
begannen die Flüsse wieder im Schotterbett zu erodieren und schufen die breiten
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