http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0044
Abb. 1: Hansi: Preußischer Soldat und elsässische Kinder
War der emotional, in der nationalen Loyalität begründete Protest sachlich, von der
Behandlung des Reichslandes durch seine neuen Herren her, begründet? Die Frage ist
keineswegs eindeutig zu beantworten, weil sich die deutsche Politik gegenüber Elsaß-
Lothringen auf den verschiedenen Ebenen durchaus unterschiedlich darstellt: Das
Reichsland wurde schlecht regiert, aber gut verwaltet.
Die erstere Formel zielt auf die politische und staatsrechtliche Ordnung Elsaß-Lothringens
, die trotz langsamer Fortschritte ihren provisorischen und minderrangigen Charakter
nie überwunden hat. Das Vereinigungsgesetz vom Juni 1871 billigte Kaiser Wilhelm
I. zunächst unbeschränkte, absolutistische Vollmachten zu, weshalb man die ersten
drei Jahre der deutschen Herrschaft die Zeit der "Kaiserdiktatur" nannte. Sie
wurde überwunden durch die Einführung der Reichsverfassung (1. L 1874), die den Elsaß
-Lothringern die Wahl von Reichstagsabgeordneten und somit dieTeilnahme an der
Reichsgesetzgebung eröffnete. Als ersten Ansatz für die Schaffung einer Legislative
auf Landesebene erhielt das Reichsland im selben Jahr 1874 einen Landesausschuß,
der Landesgesetze begutachten, ab 1877 neben dem Reichstag auch von selber verabschieden
konnte. In ihm saßen die Delegierten der Kreistage und Kommunen. Das indirekte
Wahlrecht machte den Landesausschuß zu einer Notabeinversammlung, die
kaum Voraussetzungen hatte, eine den tiefverwurzelten demokratischen Traditionen
des Landes angemessene Volksvertretung zu werden.3'
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