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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 2.1988
Seite: 77
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0079
nicht nach Amerika körnen solle: hingegen schreiben auch andere, daß man solche
, welche nicht gerne arbeiten, dahin schicken soll, indem sie es aldort lernen,
weil sie sich nicht wie in Deutschland auf Unterstützung u Gemeinde kosten verlassen
köhen.

Bremgarten d 4l Dezber 1854.

Grathwol Bgmstr"451

Diese, hier zu offiziellem Zweck verfaßte und durchweg positive Kommentierung
wird durch die angeschlossenen Bemerkungen über einen ganz bestimmten Auswanderer
der Gemeinde etwas relativiert:

Obgleich wir auser dem. von hier ausgewanderten Ferd. Schwemberger welcher
hier imer kränklich war u wir mit ihm wegen fortwährender Unterstützungen
zu thun hatten, von unsern übrigen Gemeindeauswanderen noch wenig bestirntes
erfahren haben, so geht es diesem Schwemberger nach dem jüngst von
seiner hand angelangten Schreiben jezt sehr gut, u soll ihm, da er im Anfange
mehrere Monat krank gewesen, ebenfalls in dieser Weise ganz gut gegangen
seyn, da er nicht nur aus Privat sondern auch aus Communemitteln sehr gut un-
terstüzt worden seye, Auch haben wir von den übrig u jüngst ausgewanderten
solche Nachrichten daß es ihnen gut gehe, u mit ihrer neuen Heimat wohl zufrieden
seyen. Auch sind die Gnne Auswand, mit der Agentur u Kaufman Kiesling
sehr wohl zufrieden, u sprechen denselben sowie dem G. Rath u Pfarramt ihren
Dank aus.'l46)

Ähnlich lautende Kommentare sind auch in den übrigen Gemeinde- und Pfarrarchiven
zu finden. Die Art der Zustimmung entspricht dem tatsächlichen Ausmaß der Auswanderungen
, die ohne die Hoffnung und positive Erwartung derWegziehenden nicht
denkbar wären. Um so härter werden Enttäuschung undVerzweiflung der Algerienauswanderer
aus Pfaffenweiler gewesen sein, nachdem sie die Auflösung ihrer Hoffnungen
durchlebt hatten.

Ganz besonders idealisiert wurden immer wieder die Nordamerikaauswanderungen.
"Von den deutschstämmigen Einwanderern heißt es, sie hätten den häuslichen Frauentyp
nach Amerika gebracht und die deutschen Männer seien gute Hausmänner gewesen
. Es gibt allerdings auch Reiseberichte, in denen der Deutschamerikaner als Säufer
und Faulenzer geschildert wird."47)

Die Auswanderungen sind Bestandteil des europäischen Amerikabildes vom >Land
der unbegrenzten Möglichkeiten^ "Die amerikanische Mythologie ist aufgebaut auf
der Geschichte, dem Epos, der >Saga< der Auswanderer."48) In den Briefen kommen
häufig die negativen und beschwerlichen Seiten dieser >Saga< zum Ausdruck. Sie fallen
insgesamt jedoch der Macht einer Vision zum Opfer,die Freiheit und Gleichheit zu ihren
zentralen Metaphern erhoben hat. Alltagssorgen, die Suche nach Arbeit und Auskommen
, fallen hierbei aus dem Blickfeld.

Dabei sind die Neuankömmlinge in den USA keinesfalls immer mit offenen Armen
empfangen worden. "1815-1860 kamen fünf Millionen Einwanderer ins Land. Sie weckten
bei alteingesessenen Amerikanern die Befürchtung, daß mit den Neueingewanderten
die >decency< des amerikanischen Lebens auf der Strecke bleibt."49) Nicht verwunderlich
also, daß unter diesen Umständen "New Yorks Einwanderungsquartier, die Lo-
wer East Side". um 1850 "schlimmer als das schlimmste Europa" gewesen ist.50'

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