http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0159
Landschreiber und Juristen
der Oberen badischen Herrschaften
Christian Martin Vortisch
A) Einleitung
Über die Reihe der Landvögte gibt es schon mehr oder weniger ausführliche Veröffentlichungen
, nicht aber über die Landschreiber. Da das Amt der Landvogtei jedenfalls
für das Oberamt Rötteln eine Kollegialbehörde war. deren Spitze aus zwei Personen
bestand, eben dem Landvogt und dem Landschreiber, ist das Amt des letzteren
dem des Landvogts nahezu gleichgewichtig. Von der Vielfalt der Aufgaben und der damit
verbundenen Verantwortung her gesehen, kann man das Amt des Landschreibers
durchaus als wichtiger ansehen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Landschreiber
auf Rötteln seit dem Ende des 15. Jh. promovierte Juristen waren und meist mit einiger
Berufserfahrung nach Rötteln kamen. Die Landvögte dagegen erhielten ihre Ämter
aufgrund ihrer adligen Herkunft und etwas Erfahrung im Umgang an Adelshöfen oder
aufgrund ihrer Repräsentation als Offiziere nach einer mehr oder weniger kriegerischen
Karriere.
Die allgemeine Aufgabe der Landschreiber, als Juristen auf eine rechtlich einwandfreie
Verwaltung zu achten, alle Bürger gleich zu behandeln, in Streitfällen zwischen
Bürger und Verwaltung zu schlichten oder für einen unparteiischen rechtlichen Austrag
zu sorgen. Aufsicht zu führen über privatrechtliche Auseinandersetzungen (wie Grund-
stücksgeschäfte. Testamente. Erbschaften, Konkurse und Vergantungen), weist sie in
ganz besonderem Maße als Personen der Bildungsgeschichte unserer Landschaft aus.
Von ihrem Geschick im Umgang mit der Bevölkerung dürfte daher die Atmosphäre im
Lande und das Verhältnis zur herrschaftlichen Verwaltung im wesentlichen beeinflußt
worden sein. Daß es dabei auch auf die Verträglichkeit der Charaktere der beiden Oberbeamten
ankam, ist selbstverständlich. Dies mag auch einer der Gründe gewesen sein,
weshalb später - seit dem Ende des 17. Jh. fast alle Berichte und Meldungen an den Hof
und die Regierung in Durlach bzw. Karlsruhe drei Unterschriften zeigen, nämlich auch
die des Superintendenten von Rötteln bzw. Lörrach.
Im Vordergrund unserer Betrachtung steht natürlich die Herrschaft Rötteln-Sausen-
berg, für die wir in der Beschreibung des Landvogts v. Leutrum eine maßgebende
Quelle haben. Da aber auch Versetzungen vorkommen, aus und in die benachbarten
Herrschaften, werden auch sie aufgeführt.
Schreiber der Herrschaft Badenweiler werden nie als Landschreiber genannt, sondern
einfach als "Schreiber" bezeichnet, so daß wir annehmen müssen, daß wir es hier
nicht mit studierten, sondern subalternen Leuten zu tun haben.
Nicht immer erfahren wir etwas über die Herkunft unserer Juristen. Vorzugsweise
sind süddeutsche kleine Reichsstädte genannt, selten aber andere Höfe. Ob das mit
möglicher Konkurrenz zu tun hat oder mit dem Umgang mit den Untertanen, das zu
entscheiden ist schwer. Wir möchten aber von vornherein auf den Umstand hinweisen,
daß eine Bestallung des 16. Jh.. also vor dem Bauernkrieg, schon die Gleichbehandlung
von Arm und Reich fordert.
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