http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0170
Nicht nur Teile der Bevölkerung, die genügend Vorräte hatten, um sich in Basel verköstigen
zu können, auch die Verwaltung war natürlich wieder dorthin geflüchtet. Zwar
stöhnte jedermann über das teure Pflaster, doch war es die einzige Möglichkeit, möglichst
alle Steuern und Abgaben, die ja zu 90 % aus Naturalabgaben bestanden, in Sicherheit
zu bringen. Zum größtenTeil aus Naturalien bestand ja auch die Besoldung des
ganzen Beamtenapparates. Daß Hof und Verwaltung in Basel sein konnten, hatte jedoch
noch andere Vorteile: Enger Kontakt zu und persönliche Kenntnis von Basler Ämtern
und Mitgliedern der Regierung. Das versuchte Dr. Braun diplomatisch zu nutzen.
Er machte dem Rat von Basel denVorschlag. dieVierWaldstädte (Säckingen. Rheinfel-
den. Waldshut/Tiengen) am Hochrhein und die Oberen badischen Lande, mindestens
die Nachbarschaft im Rheinknie mit Friedlingen. Hiltelingen. Rötteln und Brombach
mit seiner Burg zu besetzen und in Zwangsverwaltung zu nehmen. Die österreichischen
Truppen bei Rheinfelden sollten abziehen und schweizerische Truppen das Land so sichern
, daß die Franzosen auch das Wiesental und den Paß bei Zell i.W. nicht durchschreiten
könnten. Braun sprach in Bern und Solothurn mit Erfolg vor. auch Bürgermeister
Hirzel ließ für Zürich Zustimmung erkennen. Luzern jedoch verweigerte die
Audienz. An derTagsatzung erhielt der Plan kein Mehr, diejenigen Stände, die am meisten
am Solddienst und den Pensionen der französischen Krone hingen (auf die toten
Landsleute kam es nicht an) verhinderten diese "Neutralitätspolitik". Ende Februar
1680 ist Dr. Braun noch in der Auggener Chronik von Jeremias Gmelin und im Kirchenbuch
von Steinen genannt. Dann scheint er aus dem Röttier Dienst ausgeschieden zu
sein.
20) Denn schon am 24.2.1680 kündigt der bisherige Geheime Cammer-Secretarius
aus Durlach seinen bevorstehenden Aufzug als Landschreiber der Herrschaft Rötteln
an. Wilhelm Bernhard Reichenbach. Landvogt war soeben Reinhard v Gemmingen geworden
(L Febr. 1680) als Nachfolger des Amtsverwesers Hans Georg v. Merckelbach
in Badenweiler. Am 20.3.1680 erging der Befehl an v. Gemmingen, den neuen Landschreiber
dem Herkommen gemäß "zu introduciren und in solcher Qualität vorzustellen
". Unterm 19. April 1680 datiert Reichenbach einen der ersten Berichte von Lörrach
, nicht mehr von Basel.
ReichenbachsTätigkeit dauert genau 10 Jahre und läßt keine Ereignisse von besonderer
Bedeutung erkennen. Als Amtsverweser vertrat er den erkrankten Landvogt Christian
Friedrich Besoldt v. Steckhofen von Hochberg. Dadurch ist erklärbar, daß er auch
als "Rat und Oberamtmann" bezeichnet wurde, denn der Landvogt v. Gemmingen war
ja noch im Amt. als Reichenbach plötzlich entlassen wurde, am 2. Februar 1690 wird er
als "flüchtig" gemeldet. Was war passiert? Am 14.12.1689 schrieb Reichenbach von Basel
aus an den Markgrafen über ein "von Chur-Mainz an das Reichs-Tax-Amt meinetwegen
jüngsthin ergangenen rescript". welches bedeute, "was vor eine Gnad Ihrer Rö-
misch-Keyßerl. Mayestät unß drey gebrüderen zuerweißen allergnädigst gefallen".
Nämlich ihnen den Adel zu verleihen, eine Verleihung, "um die er sich nit beworben".
Er wolle sie mit unterthän. Dank annehmen in der Hoffnung, "mit diesem honorablen
personal-Charakter bei Reisen im Dienst des Markgrafen mit mehrerem Respekt un-
terthänigste Dienste leisten zu können". Am 2. Febr. 1690 wird Reichenbach als flüchtig
gemeldet und als "der gewesene Rat und Oberamtmann" bezeichnet.
Seine Frau, eine geborene Pfeil (s. hier Nr. 15). wird am 23.1.1690 noch als Frau Benigna
Dorothea Rychenbacher. Amtmännin zu Rötteln. bezeichnet. Er selbst steht zusammen
mit Burgvogt Joh. Philipp Eckard als "Rath von Reichenbach" dem Schatzungseinnehmer
Mötsch bei einerTaufe Pate zu St. Theodor.14* Der Markgraf sandte dem
Flüchtigen noch eine Art Steckbrief nach, ohne Ergebnis oder weitere Notiz in den
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