http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-01/0134
Verstöße gegen jagdrechtliche Bestimmungen wurden strafrechtlich und ehrengerichtlich
verfolgt. Eine ähnliche Regelung gibt es heute noch. Statt einer Ehrengerichtsbarkeit
existiert nunmehr eine Disziplinarordnung des DJV. die grobe Verstöße gegen
die Waidgerechtigkeit, das Ansehen der Jäger und jagdgesetzliche Bestimmungen mit
Ausschluß aus der jagdlichen Organisation ahnden kann.
Mit Gültigwerden des Bundesjagdgesetzes am 29. November 1952 wurden eine
Reihe vernünftiger sachlicher Inhalte aus dem Reichsjagdgesetz übernommen und sind
auch heute - nach einigen Novellierungen dieses Gesetzes - noch gültig. Die deutsche
Jagdgesetzgebung gilt derzeit im Ausland als vorbildlich und diente nicht wenigen Ländern
als Vorbild für eigene Bestimmungen.
Nach einem eher problemlosen Neubeginn mit Ende der Besatzungszeit und Wiedererlangung
der jagdlichen Hoheitsrechte 1952 zeigt die Jagd unsererTage ein völlig anderes
Problemspektrum, das viel mit bewußten und unbewußten Eingriffen des Menschen
in die Natur zu tun hat.
Da sind zunächst einmal die sich auffallend verändernden Wildbestände. Vom Rehwild
- der immer schon häufigsten Wildart unserer Region - werden heute jährlich über
3.000Tiere im Landkreis abgeschossen, vor zwanzig Jahren waren es noch etwa 1.900.
Ähnlich verhält es sich mit den Wildschweinen. Um 1970 lag die jährliche Abschußquote
bei 20 bis 40 Stück, in den letzten Jahren pendelt der Abschuß zwischen 150 bzw.
250 Stück.
Geradezu umgekehrt ist das Verhältnis beim kleinen Haar- und Federwild. Rebhühner
. Fasanen und Hasen zeigen dramatische Rückgänge, die Kaninchen ebenfalls. Letztere
waren 1953 von einer Virusseuche, der Myxomatose. stark betroffen worden, von
der sie sich bis heute nicht voll erholt haben.
Das Raubwild - Fuchs. Dachs. Iltis, Marder, großes und kleines Wiesel - konnte sich
in der zersiedelten Landschaft vorzüglich den veränderten Bedingungen anpassen und
findet einen reich gedecktenTisch, nicht zuletzt auch gefördert durch eine reichlich Abfall
produzierende Überflußgesellschaft. In einer stark zivilisierten Umwelt ist die jagdliche
Regulation des Raubwildes sehr erschwert, was das Friedwild mit starken Verlusten
bezahlen muß.
Das Auerwild, einst Stolz der Schwarzwaldreviere, ist trotz totaler Jagdverschonung
seit Beginn der 70er Jahre um etwa 90% zurückgegangen. Z.Zt. kämpfen wir mit allen
verfügbaren Mitteln um das Überleben einer Restpopulation. z.T. mit Maßnahmen wie
einem Betretungsverbot des Waldes in speziellen Bereichen der Hochlagen außerhalb
der geschotterten Wege. Wir hoffen auf die Einsicht der gutwilligen Mitbürger zur Erhaltung
dieser sehr selten gewordenen Wildart unserer Heimatberge.
Wo liegen nun die Gründe für die auffälligen Bestandsveränderungen? In erster Linie
bei den durch den Menschen verursachten Landschaftsveränderungen. Intensivierung
der Landwirtschaft, verstärkter Einsatz von Insektiziden und Pestiziden. Großflä-
chenanbau von Mais, immissionsbedingte Stickstoffüberladung der Böden und in der
Folge Artenverarmung bei Wildkräutern, damit drastische Rückgänge in der Insektenvielfalt
, nicht zu vergessen der zunehmende Lärm in der Landschaft, das sind die Stichworte
für die Hintergründe.
Werden wir diese beängstigende Entwicklung wieder in den Griff bekommen? -
Wenn jeder mit gutem Beispiel vorangeht, bestimmt. Jedoch zeigt allein schon die Entwicklung
und Diskussion um bleifreies Benzin und Katalysator, wie die Bereitschaft unserer
Mitbürger aussieht: bescheiden, enttäuschend!
Auch der Wald als verbliebener Rückzugslebensraum für viele Tiere und Pflanzen ist
in weiten Teilen sterbenskrank geworden. Inzwischen sind 2/3 des Waldes im Kreis-
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