http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-01/0148
Am 4. März 1920 teilt das Bürgermeisteramt Grenzach dem Badischen Bezirksamt Lörrach
mit. daß das Drahtseil noch immer im Rhein liege und "infolge Verrosten vollständig
unbrauchbar geworden" sei. "Es wird daher ersucht den Rheinfährebesitzem August Kiefer &
Genossen aus den vorhandenen Heeresbeständen ein neues Drahtseil mit Aufrollmaschine
zukommen zu lassen". Am 5. November 1920 stellt das Vermögensamt Freiburg fest, daß zu
Beginn des Krieges nur das Einziehen des Fährseils angeordnet worden sei, weshalb keine
Verpflichtung der Heeresverwaltung für Ersatz bestehe. Dennoch sei aber das "Landesfinanzamt
in entgegenkommender Weise damit einverstanden, gegen Erstattung des Schätzungswertes
ein Fährseil, ein Fährschiff und eine Reckwinde den Fährbesitzern zu überlassen".
Seltsamerweise dauerte es nun noch über fünf Jahre, bis der Fährbetrieb wieder aufgenommen
werden konnte. Für diese lange Unterbrechung war der Regierungsrat des Kantons Basel-
Landschaft verantwortlich, wie u.a. auch aus einem Leserbrief an die "Basler Nachrichten"
vom 4. Juni 1925 hervorgeht. Da dieser auch sonst interessante Informationen enthält, sei er
hier vollständig abgedruckt.
Leserbrief
Briefkasten des Publikums
Von der Grenze. Die Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse haben es mit sich gebracht, daß
die früher betriebenen Rheinfähren außerhalb der Stadt Basel eingestellt waren. In letzter Zeit
sind nun einige Fähren, u.a. auch Wyhlen-Augst, wieder in Betrieb gesetzt worden, während
die uns Basler mit am meisten interessierende Fähre von der Au (beim Waldhaus) nach
Grenzach bis heute noch nicht eröffnet werden konnte, weil die seit langem dahingehenden
Bestrebungen der beteiligten Gemeinden Muttenz-Pratteln einerseits und Grenzach andererseits
nach unsem Informationen am Widerstand des Regierungsrates in Liestal scheiterten. Der
Grund soll darin liegen, daß die Durchführung der Paßkontrolle auf unserer Seite einen
besonderen Beamten erfordere, während seitens des Zolles Schwierigkeiten nicht zu erwarten
sind. Wir Basler, die wir durch unsere geographische Lage während des Krieges wohl am
allermeisten auf unsern Spaziergängen auf einen bedenklich kleinen Radius angewiesen
waren, sind an der Wiedereröffnung der Fähre insofern interessiert, als uns die früheren
Spaziergänge von Birsfelden durch die Hard zum Waldhaus-Fähre-Grenzach-Chrischona-
Bettingen noch in allzu guter Erinnerung sind, um sie wegen der heute abbauwürdigen
Paßkontrolle noch länger zu vermissen. Allfällige Bedenken seitens des Wirtestandes des
Kantons Baselland wegen des Ausfalles der Basler Kundschaft bei erleichtertem Grenzübertritt
nach Deutschland sind hinfällig, da ebensoviele deutsche Anwohner, die vor dem Kriege
unser schönes Baselbiet mit ihrem Besuch beehrten, auch heuer wieder gerne bei uns Einkehr
halten und die freundnachbarlichen Beziehungen nach jahrelanger Trennung wieder enger
knüpfen werden.
Wir sind auch der Meinung, daß, nachdem neuerdings wieder Paßerleichterungen eingeführt
werden, die Frage der Paßkontrolle an der Fähre nur noch von ganz sekundärer
Bedeutung ist, weil ein Schutz gegen die Einreise unerwünschter Elemente durch sie gar nicht
besteht, nachdem der Weg Bettingen-Grenzacherhorn-Grenzach heute mindestens an Sonntagen
so begangen wird, als ob eine Grenze überhaupt nicht existierte. Wir sind auch der
Meinung, daß das, was in andern Kantonen möglich ist. auch im Kanton Baselland möglich
sein muß; in diesem Falle müßten bureaukratische Bedenken entschieden zurückgestellt
werden. Wir hoffen, daß der Regierungsrat von Baselland unsern Wunsch nochmals in
gründliche Erwägung ziehen und auch in dieser Frage einen weitherzigeren Standpunkt
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-01/0148