http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-01/0187
Karl Berner. Gedichte und Erzählungen.
Eine Auswahl. Hrsg. von Helmut Bender. Illustriert von Horst Schätzte.
Geb. mit färb. Überzug. 136 S. Weil (Resin) 1989
Schon seit Jahren sind die Bücher des in Kandem anno 1863 geborenen und in Freiburg anno 1941
verstorbenen Karl Bemer allenfalls noch im Antiquariat zu erhalten. Wiederholt wurden Initiativen
gestartet, seine Gedichte und Geschichten in Mundart und in hochdeutscher Sprache erneut zugänglich zu
machen. Daß es zu Ende unserer 80er Jahre gelang, einen beispielhaften Auswahlband zu inszenieren, mag
verschiedene Ursachen haben: einmal liegt es an der Zeit und deren neuem und positivem Verhältnis zur
Mundartdichtung, zum andern bedurfte es eines kritischen Teams und eines kein Risiko scheuenden
Verlegers, endlich wieder die attraktivsten und zeitlosesten Stücke des ehemaligen Oberreallehrers (u.a.
in Müllheim und in Lörrach tätig) versammelt zu haben. Zusammen mit August Ganther und Fritz Broßmer
dürfte er mit zu den Hauptvertretern jener seinerzeit weitverbreiteten Dichter in alemannischer, hier
speziell oberalemannischer Dialektschreibweise gehören, und es wäre ein Armutszeugnis unserer Tage,
ihn weiterhin im Zufallsabseits der Antiquariate zu belassen.
Der Auswahlband wurde nach den ehemaligen Veröffentlichungen gegliedert. Zuerst hochdeutsche
Gedichte (='Reigen der Jahre ), alsdann alemannische Prosa und Lyrik ('Potz Dunder!'). schließlich
vermischte hochdeutsche und alemannische Gedichte und Erzählungen ( Bunte Fenster') sowie Vermischtes
aus den Spielenden Lichtem'. Worterklärungen schließen an.
Obschon Bemer-Gedichte gerade in jüngster Zeit sich da und dort abgedruckt finden, w ar es schwierig,
ein knappes Lebensbild des Dichters und eine sinnvolle Einordnung seiner Werke mit hereinzunehmen.
Der Auswahlband wurde ja nicht nur für seine Heimatgemeinde, sondern für einen Großteil der
alemannischen Region neu ediert. Mit Straßennamengebung und Karl-Berner-Preis allein ist es noch nicht
getan. Man muß ihn lesen, und man fühlt sich angesprochen: sowohl von seinen wohlüberlegten Versen
als auch von seiner unterhaltsamen und oft hintergründig-humorvollen Prosa. Auch dort, wo der Zeitgeist
regiert, wird man so und so Gewinn haben. Helmut Bender
Alemannische Gedichte von Hebel bis heute.
Heiteres und Besinnliches gesammelt von Hubert Baum. Karl Kurrus und Heinrich Lehmann.
Geb., 144 S.. Waldkirch (Waldkircher Verlag) 1989 (Badische Reihe 21).
Wie der Rez. in seinem Nachwort bemerkt: eine solche Mundart-Anthologie war nicht nur innerhalb der
"Badischen Reihe", sondern überhaupt wieder einmal fällig. Das Bändchen bietet in handlicher und
herstellungsgefälliger Weise ein knappes Hundert Gedichte mit ebensoviel Dichtern (nur Hebel - evtl.
auch M. Bosch?) ist zweimal vertreten. Wie das Autorenverzeichnis rasch erkennen läßt, hat man auch eine
gerechtfertigte Anzahl jüngerer alemannischer Mundartautoren berücksichtigt. Daß dabei das Oberalemannische
überwiegt, liegt in der Natur der Dinge. Jacob Steiner schrieb über Hebel (eigentlich hätte man
es sich eher gewünscht, daß er über die Anthologie insgesamt geschrieben hätte, doch der Obolus dem
Ahnherrn gegenüber mag stellvertretend gelten). Die Folge der Gedichte geschieht weder in alphabetischer
noch in chronologischer und eigentlich auch nicht in regionaler Weise, möglich, man wollte
querfeldein und bewußt querdurch orientieren. Wohltuend deshalb ein Autorenregister (mit Lebensdaten,
soweit erreichbar) und auch ein Verzeichnis der Gedichte in alphabetischer Folge (aber leider keine
Quellennachweise). Als Illustrationsmaterial wurden Holzstiche (nicht Holzschnitte!) aus dem Heunisch-
schen "Großherzogthum Baden" von anno 1836 verwandt (und 2 Abb. aus dem Jensen schen 'Schwarzwald
'). Attraktiv macht sich die Frontispiz-Schriftgrafik mit den Autorennamen. Es war klug, die
Originalschreibweise der einzelnen Beiträger zu belassen, jede Vereinheitlichung hätte leidige Konsequenzen
, wenn nicht schlechtere Lesbarkeit für ungewohntere Leser nach sich gezogen. Mit den
Kennzeichnungen "Heiteres und Besinnliches" sollte die ganze Spannweite der Aussagen umrissen bzw.
begrenzt werden: daß es realiter unerhört viel Zwischentöne hat. versteht sich von selbst.
Auch wenn man das Hundert der Autoren (es sind 92 bzw . dann doch 94) abgerundet hätte, ja darüber
hinaus etliche weitere Dutzend Dichter und Gedichte alemannischen Geblüts zusätzlich beigebracht hätte:
es wird so und so stets eine Auswahl bleiben müssen, wie der Hrsg. es in seiner 'Editorischen Notiz' zu
Anfang des Bandes auch betont hat. Und mehr möchte es gar nicht sein, es ist das Gebotene zum Lesen
und Überdenken und zum Wiederlesen reichlich genug. Helmut Bender
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