http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0083
Wir bringen deshalb aus diesem Landrecht eine Reihe wichtiger Punkte, die uns das
Zunftleben etwas veranschaulichen, um die Lücke für Müllheim zu überbrücken. Wobei
nochmals zu betonen ist. daß alle grundsätzlichen Zunftbestimmungen schon aus Organisationsgründen
kaum sehr verschieden sein konnten und den ganzen Bereich ziemlich genau
abdeckten.
Jede Zunft hatte einen gewählten Obermeister und einen Stellvertreter als "Geschäftsführer
". Wie früher bei den Dekanaten war der Zunftsitz der Wohnsitz des Obermeisters, in der
Spätzeit der Bauzünfte in Müllheim, wo das Wirtshaus "Stadthaus" am Marktplatz der
Zunftsitz war. Die Zunftmeister besaßen zwei verschiedene Schlüssel zur Zunftlade (Abb.2).
Darin befanden sich alle wichtigen Zunftpapiere. Die Lade war meist kostbar gearbeitet. Sie
enthielt die Lehrlingslisten, die Freisprechungen und das Verzeichnis der freigesprochenen
Meister, auch die gesamte Buchführung. Zwei "Brudermeister" hatten jährlich vor dem
Oberamt Einnahmen und Ausgaben. Gebühren und Strafen abzurechnen. Das Zeichen zum
Versammlungsbeginn war die feierliche Öffnung der Lade vor allen Meistern. Gesellen und
Lehrjungen.41 Die Schaumeister hatten laufend die einzelnen Waren auf ihre Güte zu überprüfen
, ebenso die Dienstleistungen.10'
Der Aufbau der Zunftorganisation war einfach. Grundlage blieben die lernenden, auszubildenden
Gesellen in verschiedenen Lehr- und Wanderjahren, die von erfahrenen, geprüften
Meistern angeleitet wurden. Die Lehr- und Wanderjahre waren nach Beruf verschieden lang.
Meist betrugen sie zwei oder drei Jahre.
Die Zeit nach dem Schulabschluß verlebte man nach der Aufdingung schon unter meisterlicher
Gehorsamspflicht mit Züchtigungsrecht, meist mit Gängen und Arbeiten für den
Haushalt beschäftigt. Man war das letzte Rad im Betrieb, von allen herumkommandiert. Der
Gegensatz zwischen erfahrenen Meistern und noch lernenden Gesellen führte immer wieder
zu Spannungen, ja Ungerechtigkeiten, auch in der Wanderzeit.
Abb. 2: Zunfttruhe, wohl der Bäcker von 1744 mit Intarsia, mit w em ollen Beschlägen.
U 'ein- und Heimatmuseum
Foto Stadt Müllheim
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