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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 1.1991
Seite: 119
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Hebel gewesen sein, wenn er nicht auch seinen Teil zur Gutmachung des Schadens hätte
beitragen wollen. Er schreibt weiter: "Vorderhand hielt ich es aber für alle Fälle für viel zu
früh, den jungen Menschen schon zurückzunehmen. Ich halte ihn für verirrt, aber nicht für
verdorben. Noch verdient er Geduld, und wir sind ihm gemeinschaftliche Aufmerksamkeit
und Bemühung schuldig. Die meinige sei hiermit angeboten." Das sind beispielgebende
Worte für einen Erzieher. Ein hohes Berufsethos spricht aus ihnen, der Glaube an das Gute
im Menschen, ohne den ein Erziehungswerk nicht gedeihen kann. Geduld. Aufmerksamkeit
und Bemühung für den Schüler sind zeitlose Forderungen der Pädagogik, die Hebel in einem
schönen Maße erfüllt hat.

Im September 1814 gab Hebel sein Amt als Direktor ab, als er in den Oberkirchenrat
berufen wurde. Der Anstalt aber blieb er auch weiterhin verbunden, da er wöchentlich noch
neun Stunden Unterricht erteilte. Erst als Prälat gab er seine Lehrtätigkeit ganz auf.
Rückschauend auf die gesegneten Jahre in den Schulsälen konnte Hebel von sich selbst
bekennen: "Ich habe vielleicht 2000 Jünglinge in den Sprachen und Wissenschaften
unterrichtet!" Und da diese Jünglinge später selbst zum größten Teil zu Männern wurde, die
als Theologen, Lehrer oder in anderen Intelligenzberufen weiterwirkten, so ahnen wir die
Tiefe und Breite von Hebels pädagogischer Wirksamkeit.

Zum Schlüsse kehren wir noch einmal in Hebels eigenste Domäne zurück, zu der für ihn
so bezeichnenden Mischung von erziehender Dichtung und dichterischer Erziehung. Im
Jahre 1818 war die Verfassung in Baden in Kraft getreten. Als deren Folge wurde auf
kirchlichem Gebiet das Amt des Prälaten als des obersten evangelischen Geistlichen
geschaffen. Mit ihm wurde Hebel betraut, und so zog er zugleich als Mitglied der 1. Kammer
in die neue Volksvertretung ein. Bald. 1821. trug Großherzog Ludwig die letzte große
Aufgabe an ihn heran, die Schaffung der Union des evangelischen Glaubens in seinem Lande
zu betreiben und. wenn möglich, zu verwirklichen. So arbeitete der Prälat seine Vorschläge
"an die badischen Reformierten" aus, und noch im gleichen Jahre trat die Einigungssynode
zur Errichtung der "Vereinigten Evangelisch-Protestantischen Kirche des Großherzogtums
Baden" zusammen.

Hebels Werk ist gelungen, und als Folge erwächst dem Kirchenmann und Erzieher Hebel
die Aufgabe, die "Biblischen Erzählungen" und den allerdings erst viel später gedruckten
Katechismus der neuen Landeskirche abzufassen. Dieser entbehrt auch bei Hebel nicht der
ihm so gewohnten Anschaulichkeit und Güte, wenn es etwa über die Friedfertigkeit heißt:
"Der friedfertige Mensch vermeidet alle Gelegenheit zur Entzweiung, er beleidigt nicht....
das kann die Liebe nicht." Und am bezeichnendsten ist jene Stelle, die den ganzen Hebel, den
Menschen, den Dichter, den Erzieher und den Religionsmann zeigt, dem alles eine große
Harmonie und Einheit in Gott ist: "Wir wollen keine unschuldigen Tiere martern und töten....
nichts beschädigen, was fleißige Menschen gepflanzt und geschaffen haben. Nein, wir
wollen Deinen Segen nicht verderben." So steht auch in den Erzählungen nach der Bibel
Hebel als der große Erzieher da, der darüber von sich selbst bekennt: "Ich kann die Liebe zu
Gott, die in meinem Herzen ist, nicht anders ausüben als in der Liebe zu seinen Kindern."
Fast bei jedem Wort, bei jeder Wendung hat er darum wieder "oberländische Kinder"
belauscht, hat jeden Satz "mit Liebe fürs Vaterland geschrieben", ist noch einmal der
Wächter, der sein "Looset, was ich euch will sage" in die Herzen rufen möchte, getreu seinem
Vers aus dem "Sommerlied": "Herzensfrieden, woll' ihn Gott uns allen geben."

Hebel, der Mensch, der Dichter, der Pädagoge und Volkserzieher ist tot. aber sein Werk
und sein Geist leben. Um aber Hebel nahe zu sein, müssen wir in die Stille gehen, die auch
in der großen Stadt, in der er lebte, sein kann, wenn sie in uns selbst ist: und erst und nur dann
vermag sie in seinem Sinne fruchtbar zu werden.

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