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Und da das Volk die größte Wahlfreiheit hatte und die öffentlichen Blätter demselben nur das
glänzende einer Republik täglich vor Augen führte, die Nachteile aber wohlweislich verschwieg
, so war natürlich, daß die ganze Versammlung aus lauter radikalen, freisinnigen
Männern zusammengesetzt wurde.
Der entflohene Großherzog warf sich in die Arme des Königs von Preußen, welcher auch
bereit war. ihm Hilfe zu verschaffen. Und eine Armee rückte unter dem Prinz von Preußen -
Bruder des Königs- zuerst in die revolutionäre Rheinpfalz und dann nach Baden. Das
Revolutionsheer bestand damals aus dem badischen Militär nebst Kavallerie, Artillerie und
allem in den Zeughäusern vorrätigen Kriegsmaterial versehen; sodann aus der Bürgerwehr des
ganzen Landes und endlich aus den zugelaufenen Abenteurern aller Nationen Deutschlands
und der andern Länder. Der Obergeneral war der Pole Mieroslawski.
Der Regierung zur Seite wurde eine konstituierende Versammlung gesetzt, welche das Volk
im Sinne der Kammern vertreten sollte, und aus den freisinnigsten Männern ohne Rücksicht,
ob einer Kenntnisse habe, gewählt, welche dann mit der Regierung um die Wette log. Den
einen um den andern Tag kamen Armeeberichte, wie die Sache der Republik Fortschritte
mache. Einmal waren 6000 Preußen in den Rhein gesprengt, das andermal soviel gefangen
oder in der Schlacht umgekommen. Jedoch erfuhr man immer durch ausländische Zeitungen
das Gegenteil.
Im Juli 1849 kam eines Abends auf der Post ein Schreiben ohne Unterschrift, worin es hieß,
daß Schreiber dieses mit noch 5 anderen auf der Proskriptionsliste stehen und wahrscheinlich
heute nacht abgefaßt würden und man rate, uns einige Tage abseits zu machen. Worauf wir
nach Basel gingen. Die Mahnung erschien uns sehr wahrscheinlich, denn wohlunterrichtete
Leute sagten uns, nach dem Struweputsch das Jahr vorher, daß wir hätten abgeholt und nach
Lörrach transportiert werden sollen.
Ich war am zweiten Sonntag entschlossen, wieder nach Hause zu gehen: und hatte alles
vorbereitet, als die sichere Nachricht kam. daß die Bürgermeister von Kandem und Tumringen
nebst noch anderen der guten Sache treu gebliebenen Männern von den Freischaren mit
Stricken um den Hals an Wagen gebunden nach Freiburg zur Hinrichtung transportiert worden
seien, was mich bewog. noch einige Tage in Basel zu bleiben.
Unterdessen wurden die Aufständischen in der Pfalz, bei Rastatt und andern Orten von den
Preußischen Truppen geschlagen und versprengt, w orauf die Mitglieder der konstituierenden
Versammlung, welche aus unserer Gegend waren, auf Besuch kamen, und das leichtgläubige
Volk mit der Miene eines, der kein gutes Gewissen hat. beredeten, daß noch alles gut gehe.
Allein, man wollte sich doch nicht recht freuen, denn ein Gemunkel ging durch das Volk, als
wenn nicht alles so stehe, wie man dasselbe möchte glauben machen.
Am 12. Juli 1849 rückte die preußische Armee den flüchtigen Freischaren nachsetzend hier
ein. Zuerst die roten Husaren, hernach Artillerie und Fußvolk genug und w ir hatten die Preußen
bis im Monat October zu verpflegen. Und nach der gestellten Kriegsrechnung betrugen die
aufgewendeten Kosten 8400 fl.; es wurde freilich später von denjenigen Orten, wo kein oder
weniger Militär lag. eine Vergütung ausgemittelt. Und wir holten im Jahr 1850 vorderhand
2000 fl.. welche an gemachte Kriegsschulden verwendet worden sind und ein Rest steht
gegenwärtig noch aus.
Es würde zu weit führen, wollte ich alle Tatsachen und Merkwürdigkeiten, die in dieser
Revolution zum Vorschein kamen, anführen. Viele, die sich beteiligt hatten, wurden gefangen
gesetzt, viele davon wanderten nach Amerika aus und wahrscheinlich glänzt diesen auch nicht
alle Tage die Glückssonne.
Im Jahr 1850 gab es sehr viel Wein, aber er blieb sehr sauer, da die Trauben nicht recht reif
waren: man kaufte genug Oberländer für 8-10 fl. Und vom Kaiserstuhl konnte man den
Sommer durch genug haben vor dem Hause für 6-7-8 fl. Frucht ist ziemlich gut geraten.
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