http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0161
durch den Monat März war tagelang eine förmliche Hitze, welche das Thermometer in der
Sonne auf 18° R (= 23° C) trieb. Es durfte daher nicht wundernehmen, wenn die Blütenknospen
sproßten und wenn die Frühjahrsbestellungen ausnahmsweise wieder einmal frühzeitig
vorgenommen werden konnten.
Ende März waren in Basel und Riehen die Kirschbäume und Aprikosen in voller Blüte, die
Weichhölzer des Waldes, voraus die Saalweide. Birke. Lärche etc. zeigten ihr Grün deutlich
aus dem sonst noch leeren Walde und die Winterfrucht und das Gras wiesen überall ein sattes
Grün auf, aus dem das Wiesenschaumkraut und der Löwenzahn in voller Blüte daraus
herv orschauten. Die Schlüsselblumen. Maßliebchen etc. waren auch bei uns in den entlegensten
Waldteilen voll entwickelt und man war allgemein gespannt, was uns der April bringen
werde.
Wie nun schon eingangs erwähnt hat der April nun entsetzlich gehaust. Schreiber dieses ist
am 17. April 03 in Basel gewesen, wo ihm das seltene Naturschauspiel zuteil wurde, daß die
Vogesen, Käferholz, Dinkelberg, Jura, ja die Ebenen in das weiße Leintuch gehüllt waren und
aus dieser noch vor wenigen Tagen so saftig grün prangenden Fläche schienen die schon
verblühten und im grünen Blätterschmuck prangenden Kirschbäume mit ihrer dichten Schneedecke
sonderbar hervor.
Heute am 20. April, wo ich diese Betrachtungen zu Papier bringe, scheint die Sonne wieder
etwas länger und angenehm warm, sodaß man wieder Hoffnung schöpfen darf, daß endlich der
letzte Rest des Winters überstanden ist. Wenn auch die Blüten der Apfel- und Birnbäume noch
nicht besonders weit entwickelt waren, als diese Kälte und der 8 Tage anhaltende Schnee
eintraten, so ist doch kaum daran zu denken, daß diese Blüten sich wünschenswerterweise
entwickeln und befruchten können, vielmehr muß bei dem raschen und empfindlichen
Witterungsumschlag angenommen werden, daß dieselben in der Knospe, wenn nicht erfroren,
doch erstickt sind.-
Was wird uns der Mai bringen?
Erläuterungen
Rechtschreibung w urde aktualisiert: Beispiele u.a.:
th zu t: z.B. T(h)eil. rat(h)en, wüt(h)en, T(h)al
y zu i: z.B. Ma(y)i, sie se(y)ien. be(y)i
z zu tz: z.B. Bli(z)tz, nü(z)tzlich,
n zu nn: z.B. wen = wen und wenn
Dehnungs-h entfällt; z.B. ho(h)len. gera(h)ten
t zu d: z.B. Oehm(t)d
ß-Regelung angewendet
Text-Abschnitte meist original: oft aber durch Bearb. sinngemäß eingerückt.
Klammern (...)- Erläuterung durch Bearbeiter
Anführungszeichen im VORWORT = Schöny-Zitate ohne Seitenangaben, aber durch Vorwort
selbst und durch chronologischen Zusammenhang leicht auffindbar.
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