http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0032
erinnert wird. Diese Annäherung, zu der ich einladen möchte, führt nun keineswegs zu einem
schlüssigen und ausgewogenen Lebensbild, sondern entspricht in vielem der abenteuerlichen
Wißbegier des Weilschen Entschlusses, nicht der Fußspur des Vaters zu folgen.
In der "Allgemeinen Deutschen Biographie" des Jahres 1896 schließt eine kurze Abhandlung
über Gustav Weil mit den spannenden Worten:
"Die Chronologie der Jugendgeschichte habe ich aus halb zerrissenen Reisepässen
ableiten müssen, die übrigen Einzelheiten verdanke ich seinen im Verlaufe vieljährigen
Umgangs gemachten mündlichen Mitteilungen". (7)
Gustav Weil wird 1808 hier in Sulzburg als erster Sohn von Babette Weil geboren, die aus
Metz stammt. Sein Geburtshaus findet sich in der Hauptstraße.
Das Elternhaus ist nicht ohne Vermögen, der Vater ist Vorsteher der hiesigen jüdischen
Gemeinde über längere Zeit hinweg, der Sohn soll Rabbiner werden. So ist seine Ausbildung
von den Eltern angelegt, jedoch: er bricht aus.
Nach Metz wurde er geschickt, "um Talmud zu studieren, dem er aber keinen Geschmack
abgewann, sodaß der Aufenthalt in Metz nur wegen des Französischen von bedeutendem
Werte war", wie ein Zeitgenosse über ihn schrieb. (8)
Er studiert zuerst in Mannheim, sodann in Heidelberg Philologie und Geschichte und lernt
arabisch.
Sein Wunsch, die orientalischen Sprachen zu erlernen, wird so übermächtig, daß er - ein
Jahr, bevor Heinrich Heine deutschen Boden verläßt und nach Paris übersiedelt - den Sprung
an die dortige Universität wagt, um im Jahr der Aufhebung der Pressezensur wiederum das
Studium der arabischen Sprache fortzusetzen.
"Um in unmittelbarer Anschauung den Geist des Orientalischen kennenzulernen" (9) - so
berichtet er in einem amtlichen Lebenslauf - folgt er nach einem Semester der französischen
Expeditionsarmee nach Algier.
Nach eineinhalb Jahren kehrt er für kurze Zeit ins Badische zurück. Es gilt, nach dem Tod
des Vaters die Vermögensverhältnisse zu ordnen, die nicht günstig für ihn ausfallen, und
beim Stuttgarter Verleger Cotta, der ihm seine Korrespondentenberichte abnahm und
druckte, eine weitere Unterstützung zu erhalten.
Aus dem Orient bringt er die Kenntnis im Neupersischen und Türkischen wie der
arabischen Sprache mit. während er als Französisch - Lehrer dort seinen Unterhalt verdiente.
Seine Lebensverhältnisse während dieser Zeit resümiert er in einem Artikel:
"... so erwünscht auch meine Verhältnisse rücksichtlich meiner wissenschaftlichen
Bildung sein mochten, so verzweifelnd waren sie in Bezug auf alle Annehmlichkeiten des
Lebens". (10)
"In meinem Hause sah es übrigens auch nicht am schönsten aus: alle meine Möbel
bestanden in einer Matratze, die ich bei Tag Divan und bei Nacht Ben nannte, und einem
kleinen Taschenspiegel, ohne den ich meinen Turban nicht aufsetzen konnte, denn es ist kein
kleines Geschäft, ein ganzes Stück Muslin um den Kopf zu winden.
Auch mein Küchengerät war weder glänzend, noch zahlreich; und doch hatte ich mich
genug über meinen schmutzigen arabischen Bedienten zu ärgern, der nicht einmal dieses
wenige reinlich halten wollte.
Unter solchen Umständen und bei meiner von Natur düsteren Gemütsstimmung wird man
mir wohl nicht übel nehmen, wenn ich zuweilen durch Opium mir einige Erleichterungen zu
verschaffen versuchte; denn ich weiß nicht, ob ich ohne dieses köstliche Mittel, die schlechte
Laune zu vertreiben, stark genug gewesen wäre, bei meinem Vorsatze zu beharren.....
Ohnehin kann einer, der Opium genommen, nicht mit einem Betrunkenen verglichen
werden: während dieser am Toben und Lärmen seine Freude hat. sucht jener vielmehr die
Ruhe und Einsamkeit; während der Eine z.B. bei einem Frauenzimmer sich leicht unartig
30
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0032