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Abb. 1: Faust in seinem Studierzimmer, in: Abb. 2: Faust in seinem Studierzimmer.
Goethe: Faust. Paris 1880. S. 20. Stich von Stich von E. Delacroi.x. 1826.
A. Lalauze.
und Normen seiner Epoche hat er mißachtet, um an den Ursprung der Dinge zu gelangen: als
Skeptiker der Ratio wagte er die Grenzüberschreitung hin zur Magie.
Sicher hat Goethe hier persönliche Enttäuschungen mit in den Text gelegt, vor allem aber
hat er die Grenzen der Wissenschaft zur Zeit der Epochen wende Mittelalter/Neuzeit im 16.
Jahrhundert dargestellt! Faust ist der Typ des Renaissance-Menschen, der in freier Selbstbestimmung
nach Erkenntnis strebt. Faust als Pansophist (pan=All. sophia=Weisheit). der
Makrokosmos und Mikrokosmos, also Weltall und Mensch, im sinnvollen Zusammenhang
sehen will.31
Goethe gibt in seiner Autobiographie "Dichtung und Wahrheit"4' selbst den Hinweis,
woher er diese Vorstellungen hat: von Paracelsus. dem großen Mediziner des 16. Jahrhunderts
. So sind die Worte Fausts "schau alle Wirkenskraft und Samen" (V. 384) mit Sicherheit
nach Paracelsus gestaltet, bei dem es in seinem Werk "Secretum magicum de lapide philo-
sophorum" einmal heißt: "Aller Elementen Grund und Fundament ist Terra (...); diese hat in
sich den Samen und Würckung krafft aller ding."5'
Wer aber war dieser Paracelsus? Arzt, Naturforscher. Philosoph, geboren 1493 in
Einsiedeln. 1524/25 lebte er in Salzburg. 1526/27 in Straßburg. 1527/28 in Basel. Er mußte
diese Stadt verlassen. Danach führte er ein unruhiges Wanderleben als Arzt in vielen
süddeutschen Städten. 1541 starb er in Salzburg. Er blieb eine bis heute umstrittene
Persönlichkeit: als Kämpfer gegen die mittelalterliche Schulmedizin strebte er eine grundlegende
Reform der Medizin an. 1531 schrieb Sebastian Franck. der sich zu dieser Zeit wie
Paracelsus in Nürnberg aufhielt, über den Doktor: "Ein seltzam wunderlich Mann, der fast
alle Doctores und Scribenten in Medicinis verlacht."6'
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