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Müllheim. Ungefähr eine Viertelstunde unten an der Simitz bildet das Thal im Klemm eine
wilde malerische Schlucht. Hohe schroffe Granitmassen erheben sich zu beiden Seiten und
sind an ihrem Fuße von bedeutenden Trümmerhalden großer, meist eckiger Blöcke umgeben
. Ueber diese Granitblöcke rauscht der Bach mit starkem Falle hin'. - Die Haseler Höhle,
bisher nur eben mit einigen Zeilen erwähnt, findet hier eine mehr als ganzseitige Würdigung
in Kleindruck ('... welche von vielen Fremden besucht wird ... steigert sich dieser [Eindruck]
durch die totale Beleuchtung, welche bei großen Festlichkeiten stattfindet, der Art, daß man
sich in einen Feenpalast versetzt glaubt. - Eine wunderbare Stimmung erfaßt den Wanderer.
Nach alten Sagen wandeln Erdgeister in dieser Höhle...' - folgen detaillierte Hinweise auf
Erdmännlein und Erdweiblein. Volkskundliches vermischt sich hiermit ersten Fremdenverkehrsansätzen
in einer Gegend, die sich bis dahin diesbezüglich insgesamt zurückhielt).
Rhein. Neckar und Bodensee werden im folgenden in aller Ausführlichkeit und samt
Schiffahrts- und Flößerei-Problemen behandelt, die Wasserfälle schließen an. - Im Hauptkapitel
'Freiwillige Naturerzeugnisse' werden u.a. auch seltenere Pflanzenarten mit ihrem
lateinischen und deutschen Namen, mit wichtigstem Standort und jeweiliger Blütezeit
aufgeführt. Ähnliches gilt für das Tierreich, nach Säugetieren. Vögeln. Amphibien. Fischen.
Insekten und Würmern untergliedert.
In der '3. Abtheilung. Statistik oder Volks- und Staatskunde' lesen wir primär über den
Stand und Gang der Bevölkerung'. 1812 hatte man ca. eine Million Einwohner innerhalb der
damaligen badischen Landesgrenzen gezählt, 1830 waren es ca. 1,2 Millionen. 1840 ca. 1,3
und 1850 bereits 1.36 Millionen Einwohner. Die Aufschlüsselung der einzelnen Regionen
beansprucht seitenlange Tabellen, auch gibt es Vergleiche mit den Einwohnerzahlen des
Deutschen Bundes (1815 ca. 30. 1852 ca. 43 Millionen Einwohner!) - es darf nicht
verwundem, daß das Auswandererproblem - nicht nur eine Folge der 48/49er Revolution -
entsprechend angegangen wird (dazu auch E. Weeger, 2/1988). Etwas kurios berührt es
einen, wenn man in diesem Zusammenhang liest: 'Die Nachrichten über das Schicksal dieser
Auswanderer... lauten, mit wenigen Ausnahmen, günstig, und der Einfluß auf das Großherzogthum
kann nur als ein günstiger bezeichnet werden, da in der überwiegenden Mehrzahl
nur Proletarier ausgewandert sind ... beziehen wir uns ... über den Zuwachs an Volk und auf
die Nothwendigkeit der Auswanderung ...'!. Geradezu einmalig ausführlich sind die Statistiken
über 'Verschiedene außerordentliche Todesarten', voran Selbstmord und Selbstmordversuche
', u.a. separiert nach Geschlechtern, nach Altersgruppen, nach Regionen, nach der
Art des Selbstmordes und was mehr. Interessant auch die Statistiken der gewaltsamen
Todesfälle' (= vorwiegend Unfälle), meist durch Ertrinken oder Herabstürzen, aber auch
durch ueberfahren und ueberreiten' femer 'Verschüttet in Gruben', erstickt oder erfroren,
verbrannt und vom Blitz erschlagen. Jagdunfälle und Tod beim Holzfällen.
Wir übergehen das Kapitel 'Physische Beschaffenheit oder Körperlichkeit der Bewohner',
obschon es sich recht hübsch liest und die Einflüsse der 'Civilisation' im allgemeinen günstig
beurteilt werden (unter 100 Rekruten waren in der Regel ca. ein gutes Drittel tauglich),
befassen uns auch nicht mit den Krankheiten, zumal sie keinesfalls topographisch aufgeschlüsselt
wurden: schon eher interessiert uns einiges aus dem Kapitel Abkunft. Charakter,
Wohnweise, Sitten. Trachten und Mundarten des Volkes': 'Der breisgauische Charakter ...
Die Bewohner des Vorhügels- und Flachlandes zeigen ein etwas leichteres und üppigeres
Geblüt [?], als die im Gebirge... Der untere Breisgauer wirft dem "Oberländer" (wie er seinen
Landsmann oberhalb Freiburg nennt) lächerlichen Hochmuth vor. und die Markgräfler
heißen ihm [= für ihn] "Edelbauern". dessen Geldstolz mancherlei Aerger erregt...' (erinnert
literarisch an Hebels Häfnet-Jungfrau...').
Die Mundartproben wurden gegenüber der Ausgabe von 1836 vervielfacht, für unsere
Region gibt es Texte in 'Breisgauisch (Im Dreisamthal) / Breisgauisch (Am Kaiserstuhl) /
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