http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1992-01/0032
an. Zeugen wurden vorgeladen. Zu einer solchen Tagfahrt wurde auch einmal Albert Koechlin
vorgeladen. Er entsandte aber hierzu seinen Buchhalter Heinrich Liebrich, weil seine Frau
Emma geb. Frauger an einer gefährlichen Krankheit damiederlag. Drei Tage später, am
5.8.1852, ist dann Emma Koechlin im Alter von 28 Jahren verstorben. Dieser Ehe entstammte
ein Sohn, der 1844 geboren wurde, und der den Namen seines Großvaters, Peter, erhielt. Dieser
Enkel des „Vaters der Wiesentäler Textilindustrie" ist dann später der Besitzer der Koechlin' sehen
Handweberei „auf dem Aiele" geworden.
Bei einem solchen Anlaß wurden mehrere Zeugen vernommen, darunter der damals (1852)
61 Jahre alte Zimmermeister Fridolin Rümmele. Er erklärte, daß er wenige Jahre vor der
Versteigerung der Karle'schen Mühle (1837) ein neues Wasserrad im Mühlwerk anbringen
mußte, da das alte baufällig war. Sämtliche Räder seien zu jener Zeit „über die Grundschwelle
abgeflossen*'. Peter Koechlin habe dann, als er die Karle'sche Mühle ersteigert hatte, den alten
Wasserbau ausheben lassen. Anstelle von drei Rädern ließ er ein einziges neues Rad herstellen,
welches eine Breite von 10 Zoll hatte. Mit dieser Arbeit habe Koechlin damals den Zimmermeister
Johann Rümmele beauftragt. Dieser habe ihm erzählt, daß er die Grundschwelle etwas
höher legen mußte.
Ebenfalls wurde Maurermeister Josef Beuschel von Zell vernommen. Beuschel war seinerzeit
61 Jahre alt und wohnte in seinen Kindheitstagen bis zum Jahre 1798 am Gewerbekanal. Später
stand er in Diensten des Fabrikanten Peter Koechlin. Von dessen Verwalter, Johann Faller,
erhielt er den Auftrag, die Ufer auf beiden Seiten des Kanals aufzumauern, und zwar auf der
ganzen Länge zwischen dem Koechlin'sehen Wasserwerk und der Lohstampfe, die in jener
Zeit noch dem Jakob Thoma gehörte.
Zum Teil mußten die Zeugen unter Eid aussagen. Dabei mußten sie sich zuvor über den
„erhaltenen pfarramtlichen Eidesunterricht ausweisen, welchen man ihnen ins Gedächtnis
zurückrief'. Daraufhin wurden die Zeugen mit der „vorgeschriebenen Ermahnung und
Belehrung nach der im letzten Protokoll erwähnten Formel verordnungsgemäß" beeidigt.
Zu einer solchen Tagfahrt wurde u.a. auch Friedly Karle, Müller von Zell, vorgeladen. Dieser
war ein Sohn der Antonia Karle Witwe, die „viele Kinder im Witwenstand erzeugte". Nach der
Versteigerung der Mühle mußte er den Beruf wechseln und war bei einem Metzger namens
Müller in Lörrach-Stetten als Geselle tätig. Friedly konnte jedoch nicht zu der vorgeladenen
Tagfahrt erscheinen, weil ihm, wie sein Meister an das Bürgermeisteramt Zell mitteilte, „gestern
ein Stein auf den Fuß gefallen sei", weshalb er „beim besten Willen nicht die Reise von
Stetten nach Zell zu Fuß machen könne". Nur kranken und altersschwachen Personen wurden
seinerzeit die Auslagen für die Fahrt mit der Kutsche vergütet. Ob dem Friedly der Stein
absichtlich oder unabsichtlich auf den Fuß gefallen war, damit er den weiten Weg von Stetten
nach Zell nicht zu Fuß zu machen brauchte - darüber geben die Prozeßakten keine Auskunft
.
Samuel Lanz macht Wasserrechte geltend und verklagt Albert Koechlin, weil er fortwährend
gegen das Mühlrecht verstoße. Die langwierigen, nervenstrapazierenden Prozesse sind für
Koechlin ein Hindernis in der Ausführung seiner Pläne, den Wasserbau zu modernisieren und
Korrekturen am Kanallauf vorzunehmen. Es bedurfte vieler Eingaben, bis der geplagte Mann
die Erlaubnis erhielt, eine zweite Turbine am Wasserbau einzusetzen. Die erste Turbine hatte
A. Koechlin im Jahre 1851 installiert, als er im Zusammenhang mit dem Anbau der „Wasserweberei
" an die Schlichterei die Wasserbauten erneuerte und das Wasserrad beseitigte.
„Eine Turbine ist schließlich doch nichts anderes als ein (Wasser-) Rad nach neuem System",
schrieb er in diesem Zusammenhang einmal an die Behörde. Als Koechlin beabsichtigte, den
Kanal, der „einhundert Schritte vor Ausmündung in die Wiese eine kurze Strecke unter der
mechanischen Weberei vorbeiführt", an seinem Ausgang in westlicher Richtung zu verändern,
protestierte Samuel Lanz gegen jede Veränderung. Natürlich ahnte auch Lanz, daß sich Albert
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