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zwei Dampfkessel vorgesehen, ein kleinerer und ein größerer, welche mit 5 Atü arbeiten. Der
freistehende Kamin soll eine Höhe von 66 Fuß bekommen. Das Magazingebäude wird aus
Riegelw and. alle anderen Gebäude massiv aus Bruch- und Backsteinen erbaut. Es ist beabsichtigt,
sämtliche Räume mit Dampf zu heizen.
Am 2. April 1867 schreibt der Gemeinderat in Zell an das Bezirksamt in Schönau, daß
Koechlin bereits den ersten Stock des vorgesehenen Neubaues aufgemauert habe, obwohl dem
Geometer der Plan noch nicht einmal vorgelegt worden sei. Der Gemeinderat bittet „Wohldesselben
", ..das Arbeiten am Neubau bei angemessener Strafe so lange zu untersagen, bis
Koechlin hierüber einen Plan vorgelegt hat". Die Anordnung folgt prompt: Koechlin muß seine
Arbeiten sofort einstellen!
Nun gab es einige recht turbulente Tage: am 8. April 1867 erschienen nachmittags um 1/2
12 Uhr sämtliche Arbeiter des Fabrikanten Koechlin vor dem Hause des Bürgermeisters und
verlangten ..entweder Arbeit oder Essen mit den Worten: Wenn der Gemeinderat die Arbeit
einstellen läßt, so soll er auch jetzt für sie sorgen". Zu diesem Auftritt gesellte sich dann
Direktor Winter noch hinzu, wobei er erklärte, er habe die Arbeiter „im Auftrage des Herrn
Albert Koechlin hierhergeschickt, um zu verlangen, was derselbe noch wiederholt mit eigenen
Worten verlangte." Thaddä Winter, seinerzeit etw a 25 Jahre alt. war Direktor der Koechlin'sehen
Spinnerei in Zell. Er wurde später am Ort zum Bürgermeister gewählt und war Mitgründer der
Firma Krückeis „auf der Hammerschmiede". Bei den Auseinandersetzungen scheint Alben
Koechlin der Wortführer gewesen zu sein.
Der Gemeinderat sah in diesem Auftritt eine Auflehnung gegen die orts- und bezirkspolizeilichen
Anordnungen: er hatte zuvor noch die Erlaubnis erteilt, die Arbeiten am Neubau für
den Nachmittag des gleichen Tages fortsetzen zu dürfen. Auch vordem Bezirksamt in Schönau
erschien ein Teil der Arbeiter - etwa 12 Personen - in jedoch ..keineswegs tumultlosem
Aufzug", sie zogen aber nach Belehrung über den Stand der Sache sofort ruhig wieder ab. Man
war auch in Schönau der Ansicht, daß Fabrikant Koechlin die Auftritte „in Szene" gesetzt habe.
Am folgenden Tage erschien dann Thaddä Winter „von Münchhoff. Amt Stockach, lediger
Direktor der Fabrik des Fabrikanten Koechlin in Zell, und trug auf Vorhalt der Anzeige des
Bürgermeisters von Zell am 8. dieses Monats folgendes vor: Ich muß entschieden in Abrede
stellen, daß der fragliche Vorgang durch Fabrikant Koechlin veranlaßt oder angestiftet wurde.
Ich hatte in seinem Auftrag den Arbeitern lediglich zu erklären, daß die Arbeit eingestellt und
sie entlassen seien, weil der Gemeinderat auf Einstellung der Arbeit bestanden habe. Es ist
richtig, daß die Arbeiter sodann vor das Haus des Bürgermeisters gingen, aber nicht in meinem
Auftrag oder auf mein Anstiften. Ich ging selbst nachher zum Bürgermeister und bat ihn, die
Arbeit wenigstens auf der inneren Seite fortsetzen zu lassen. Ich tat dies aber nur im Interesse
der Arbeiter, um diesen den Verdienst zu erhalten".
Am 13. April 1867 teilte dann das Bürgermeisteramt in Zell dem Bezirksamt in Schönau mit,
daß Koechlin nunmehr die Pläne für den Neubau der Spinnerei vorgelegt habe. Gegen den Bau
sowie die Verlegung des Weges sei nichts mehr einzuwenden.
Wie ein Finale hört sich der Bericht des Gendarms Steiner aus Zell an, der einige Tage später,
am 18. April 1867. an das Commando der 6. Gendarmeriebrigade schrieb:
„Gehorsamste Meldung des Gendarm Steiner: Dem Brigadecommando melde ich infolge
verehrlicher Weisung gehorsamst: am Montag, den 8. diesen Monats, als das weitere Bauen der
Koechlin'schen Fabrik eingestellt war. kamen dieselbigen Arbeiter als: Ferdinand Kiefer.
Josef Maier. Konrad Berger. Adolf Sütterlin, Anton Wuchner, Johann Philipp. Barnabas Ritter
und Adolf Sprich. Sohn des Metzgers Johann Sprich von hier; Fridolin Sprich von Blauen.
Dominik Zumkeller und Paul Dietsche von Riedichen. Matthias Reichmann und Ludwig
Schaible von Weißweil. Amt Kenzingen, mittags vor die Wohnung des Bürgermeisters Bühler
hier. Einige derselben, und zwar die beiden Erstgenannten, verlangten Arbeit oder zu Essen.
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