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Galgen mit des Seilers Tochter kopulirt war, nämlich mit dem Strick. 'Doch mordete er nicht,
griff keinen Mensch an. sondern visitirte nur so bei Nacht die Hühnerställe und wenns
Gelegenheit gab. in den Küchen und Speichern, allenfalls auch in den Geldtrögen und auf den
Märkten kaufte er immer am wohlfeilsten ein.' Wenn er nach Hebels Versicherung - nachdem
er dem rothen Dieter einen Streich gespielt - wieder ehrlich geworden ist, so hatte er sich das
doch später wieder abgewöhnt, denn wer zu einer Kindtaufe oder andern Familienfesten um
billigen Preis einen Hasen oder sonstigen Braren zu erhalten wünschte, der wandte sich nie
vergeblich an den dienstwilligen Frieder.
Eines Tages begegnete er auf dem Fußweg von Lörrach nach Stetten einem hübschen
jungen Mädchen und als er diesem in die hellen freundlichen Augen schaute, ging ihm trotz
seines Alters das Herz fast in Liebe auf: er grüßte sie und als ihm lächelnd gedankt wurde,
da dachte er : 'Ne Chuß in Ehre, wer will's verwehre?" und mit diesem Gedanken war auch
die Tat verbunden. Das blonde Lockenköpfchen sträubte sich vergeblich unter seinen großen
knotigen Händen, sie mußte es geschehen lassen, daß ihre rosigen Lippen mit dem struppigen
Barte des Vagabunden in Berührung kamen.
Der Vater des Mädchens, der früher in französischen Diensten gestandene Major von
Widerspach, nahm die Sache sehr ernst und es würde dem Zundel-Frieder wohl schlecht
ergangen sein, wenn er nicht auf seiner Flucht in den nahe gelegenen Wald die Basler Grenze
erreicht hätte. Doch nicht lange vermochte er der auf Klage des Majors gegen ihn erlassenen
Fahndung auszuweichen. Die Schweizer Behörden hatten sein Heimatrecht nicht anerkannt,
auch die badischen Behörden wollten von ihm nichts wissen und so kam es. daß auf Zundel.
der von beiden Staaten ausgew iesen war. hier und dort gefahndet und er auf Betreten jeweils
wegen Bruchs der Ausweisung bestraft und über die Grenze transportiert wurde.
Dies Mißgeschick brachte ihn. wie früher schon öfters geschehen, in das Lörracher
Amtsgefängniß, wo er wegen des geraubten Kusses acht Tage bei schmaler Kost zu verw eilen
hatte.
Sein Rücktransport auf der Straße war nicht thunlich, denn es stand zu erwarten, daß die
Basler Landjäger ihn alsbald wieder über die Grenze führen würden und so brachte man ihn
oberhalb Grenzach auf einem Nachen über den Rhein und gab ihm in einsamer Gegend des
jenseitigen Ufers die Freiheit, aber nicht, wie seiner Zeit die Nürnberger Rathsherrn mit
einem Delinquenten gethan. das erforderliche Geld zu einem Strick, um sich im benachbarten
Territorium damit zu henken oder henken zu lassen.
Aber auch diese Vorsicht hatte wenig Erfolg. Zundel wurde wieder aufgegriffen, wegen
Bruchs der Ausweisung nach Urtheil der Basler Behörde körperlich gezüchtigt und sofort
über die Grenze zurückgebracht: hier hatte er das gleiche Loos. und so würde er in der That
eine Ruhestätte nur im Thalwege des Rheins gefunden haben, wenn nicht der zwischen Basel-
Stadt und Landschaft ausgebrochene Krieg ihm ein Unterkommen verschafft härte.
Deutsche politische Flüchtlinge und Polen fanden bei den Truppen in Basel-Landschaft
Aufnahme und auch Zundel benützte die Gelegenheit, bei der Regierung in Liestal als alter
gedienter Soldat sich anwerben zu lassen. Bald nachher in dem blutigen aber für die
Landschaft siegreichen Gefechte bei Pratteln am 3. August 1833 machte eine Kugel seinem
vielbewegten Leben ein Ende.
So fand Zundel-Frieder. der. wie er in seinen Verhören zu sagen pflegte, in seiner Jugend
schon drei Potentaten gedient hatte, noch einen ehrenhaften Soldatentod."
Kehren wir zurück zu den Eigentümern des Läublinhofes: Freiherren Reichlin von
Meldegg.
Freiherr Josef Reichlin von Meldegg heiratete 1835 Eleonore Burstert, Tochter des
Regierungsrates Burstert, geb. 1810 in Kleinlaufenburg. Er starb 1876 in Freiburg, seine
Gattin verlor er schon früh im Jahr 1869.
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