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Querschiff der Elisabethkirche in Marburg, verwandt, aber nicht kopiert! Dürrn ist sich
dessen durchaus bewußt, er notiert diese Anklänge öfters betont.
Die Elisabethkirche aber hat keinen Fünfachtelschluß, dafür Doppelturmfassade, übereinander
zwei Reihen Maßwerkfenster: alles wesentliche Unterschiede zu Schopfheim (Zeichnung
5). Dies wußte Dürrn ebenfalls! In Schopfheim öffnen sich in den Winkeln zwischen
Langhaus und Querschiff vier weitere Polygonalräume, Marburg hat nichts davon (Abb. 4)!
In Trier, bei der Liebfrauenkirche, gibt es Ähnliches, aber wiederum nicht Gleiches
(Zeichnung 6). Dürrn läßt sich anregen, aber nicht bestimmen. Er kombiniert Teile aus
verschiedenen Bauten in einem einzigen. Die erwähnten vier Polygone in Schopfheim in den
Winkeln zweier sich kreuzender Schiffe erzeugen eine sehr zentralisierende Tendenz. Dies
wäre mehr die Spur von Trier und weniger die von Marburg. Zwar begründet Dürrn dieses
Zentralisierende hauptsächlich aus der Funktion als protestantischer Predigtraum, sein Bau
ist aber mehr als nur funktional stimmig. Offensichtlich kombiniert er mehrere Anregungen
in den Details und in der architektonischen Großform. Dürrn ist somit viel eher eklektizisti-
scher Historist als Kopist.
Betrachten wir die geschilderte Raumsituation innen: Der zentrale, quadratische Raum,
die Vierung, ist ruhender, bergend umschlossener Raummittelpunkt der Kirche (Abb. 1
Grundriß Zeichnung 2). Das große, monumentale Gewölbe -ungotisch niedrig- markiert und
verstärkt dieses Einhüllend-Bergende des Hauptraumes. Eine originelle Lösung Dürrns,
passend zu dieser Grundtendenz, ist die Einschiffigkeit des Langhauses (Schnitt Zeichnung
3). Bei beiden Bezugsbauten Marburg und Trier finden wir diese Einschiffigkeit nicht.
Schopfheims Kirche ist weder Halle noch Basilika. Es sind zwei sich kreuzende Säle, eine
in der Gotik sehr seltene Form, eine Art Kreuzsaalkirche. Im Gegensatz zu Aussagen Dürrns
scheint uns der eigentliche Raum stärker von innen her konzipiert zu sein. Dort innen hat er
in seiner Eindeutigkeit wohl auch seine auffallende Qualität. Auf alle Fälle scheint der
Abb. 5: Gesamt von Südwest Abb. 6: Turm. Gliederung über westlichem Eingang
, unten Rosenzweig
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