Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 2.1992
Seite: 168
(PDF, 34 MB)
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verstrickt, zu ihm verleiten läßt, um schließlich in nicht wieder gutzumachender Weise böse
zu werden. So der Michel in dem Gedicht "Der Karfunkel", der der Verlockung durch den
"Vizli-Buzli" oder "Grünen", d.h. durch den Teufel, nicht widersteht, in Blutschuld gerät und
schließlich seinem schlimmen Leben mit eigener Hand ein Ende macht. - Allerdings nennt
Hebel es einmal (brieflich gegenüber Hitzig) "die schönste aller Hermeneutiken, menschliche
Schwachheiten zu verstehen und menschlich auszulegen". Aber er kommt in Lagen, in
denen er diese Hermeneutik nicht üben kann. So, wenn er einen jungen Theologen beurteilen
muß, einen von den "Gefühlsleuten, die oft nicht wissen, was sie aus sich selbst machen
sollen, die ihr Gefühl, weil ihm keine Erfahrung das Gleichgewicht hält, für stark und seine
Stärke für Kraft, ihre Launen für Grundsätze halten. Und in Erinnerung an das, was derselbe
Theologe "mir einst und oft von eigener Delicatesse, feinem Gefühl und Ringen nach
idealischer Vollkommenheit sagte", und an das, "was meine Augen sahen": "ich schriebs
einer Vergessenheit seiner selbst im magischen Strom der Liebe zu" und dachte, "wie man
mancherley Räusche trinke, der eine einen guten, der andere einen schlimmen, so trinke man
vielleicht auch mancherley Liebe".

Anders wenn Hebel als Schulmann und Pädagoge Mitverantwortung für einen "verirrten"
Jugendlichen trug, den er nicht für "verdorben" halten wollte. "Noch verdient er Geduld, und
wir sind ihm gemeinschaftliche Bemühung um seine Zurechtbringung schuldig". W i r, d.h.
Eltern und Lehrer - in diesem Fall war an der Verirrung des Sohnes die Schwäche und
Nachgiebigkeit des Vaters schuld, und was Hebel diesem (über einen Dritten) zu verstehen
gibt, klingt nun auch nicht milde. - Der pädagogische Ernst, der hieraus spricht, steht dem
nicht entgegen, daß Hebel der Jugend immer als "fröhlicher Schulmeister" begegnete,
übrigens als einer, der Autorität hatte, ohne sie herauskehren zu müssen. Nur einmal -
nachdem er bisher "durch Liebe und Geduld die Ordnung erhalten und noch keinem ein böses
Wort gegeben" hatte, mußte er im Interesse eines von den Schülern nicht respektierten
Kollegen energisch werden. "Ich sagte: Diesmal noch und zum letzten Mal spricht der
warnende Freund. Wenn ihr in einer halben Stunde nicht Ordre parirt, so läßt der Direktor
die Schnur auf den Boden laufen. Tut was ihr wollt. Sie ließen es nicht darauf ankommen".
Vielmehr wurde ihnen - nach einem zu seiner Kenntnis gelangten Schülerbericht - "gar
kurios". Und nach einem andern solchen Bericht sagten sie: "er muß alles auch einmal
mitgemacht haben, weil er alles sogleich merkt und weiß". (Nach einem Brief an Gustave
aus dem Sommer 1810).

Da trug er also bereits die Last des Direktorats - damals zum Unterschied von heute ohne
eine Sekretärin, was bedeutete, daß er den Terminkalender im Kopfe haben und den ganzen
umständlichen und zeitraubenden Schriftverkehr eigenhändig führen mußte. Und das bei
seiner - von ihm selbst sogenannten - "vagabundischen" Unordentlichkeit, die ihn wichtige
Schriftstücke bis zur Unauffindbarkeit verlegen und verlieren ließ. Und zur Leitung der
Schule kam der Dienst des Kirchenrats, welcher der Kirche des Großherzogtums ihre
endgültige Gestalt und Verfassung geben mußte (immerhin zusammenwirkend mit anderen
Verantwortlichen).- Schon als Professor hatte er sich nach einem Pfarramt im Oberland
gesehnt. Aber als er in Freiburg Stadtpfarrer hätte werden können, genügte ein Wink des
Großherzogs, der ihn in Karlsruhe nicht verlieren wollte, um ihn den Ruf ausschlagen zu
lassen. Dabei spielte freilich auch zum einen mit, daß ihm eigentlich eine Landpfarre
vorschwebte - und zum andern die Liebe zur Jugend und die Lust am Unterrichten, von dem
nach seinem eigenen Zeugnis nicht lassen kann, wer einmal mit ihm begonnen hat.

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