http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0036
Obschon er kränkelte, entschloß sich Hebel, die Abschlußprüfungen in Mannheim und
Heidelberg im September 1826 selber abzunehmen, und obwohl sich sein Gesundheitszustand
verschlimmerte, reiste er anderntags nach Schwetzingen weiter. An eine Teilnahme an den
Heidelberger Prüfungen war aber nicht mehr zu denken. In der Nacht auf den 22. September
1826 starb Johann Peter Hebel, der ewig jung gebliebene Dichter der "Vergänglichkeit" und der
Autor des "Kannitverstan".
Sein plötzlicher Tod vereitelte die Absicht, eine Stiftung zugunsten seiner Heimatgemeinde
zu errichten, aus der die armen Schulkinder das Geld zur Beschaffung von Lernmitteln und die
alten Männer jeden Sonntag einen Schoppen Wein erhalten sollten. Den größten Teil seiner
zusammengebrachten Ersparnisse in Höhe von 5.600 Gulden hatte Hebel dem ihm befreundeten
Bankier Friedrich Meerwein anvertraut. Wegen eines Konkurses ging beinahe das ganze
Vermögen verloren. Am 30. Oktober 1826 wurde Hebels Nachlaß in Höhe von rund 13.000
Gulden versteigert.
Es wurden 15 gesetzliche Erben ermittelt. 13 aus Simmern und zwei aus Hausen im
Wiesental.
//. Der fromme Rat
Ein achtzehnjähriger Jüngling ging, noch unerfahren, katholisch und fromm, zum erstenmal
aus der Eltern Haus auf die Wanderschaft. In der ersten großen Stadt auf der Brücke blieb er
stehen und wollte rechts und links ein wenig umschauen, weil er fürchtete, es möchten ihm
nimmer viel solcher Brücken kommen, an welche unten und oben solche Städte angebaut seien
wie diese. Als er aber rechts umschaute, kam daher von einer Seite ein Pater und trug das
hochwürdige Gut. vor welchem jeder Katholik niederkniet, der demütig ist und es recht meint.
Als er aber links umschaute, kam von der anderen Seite der Brücke auch ein Pater und trug auch
das hochwürdige Gut. vor welchem jeder Katholik niederkniet, der demütig ist und es recht
meint, und beide waren ihm schon ganz nahe, und beide waren im Begriff, an ihm vorbeizugehen
im nämlichen Augenblick, der eine links von daher, der andere rechts von dorther. Da
wußte sich der arme Mensch nicht zu helfen, vor welchem hochwürdigen Gut er niederknien,
und welches er mit Gebet und Liebe grüßen soll, und es war ihm auch schwer zu raten. Als er
aber den einen Pater mit Bekümmernis anschaute und ihn gleichsam mit den Augen fragte und
bat. was er tun sollte, lächelte der Pater wie ein Engel freundlich die fromme Seele an und hob
die Hand und den Zeigefinger gegen den hohen und sonnenreichen Himmel hinauf. Nämlich
vor dem dort oben soll er niederknien und ihn anbeten. Das weiß der Hausfreund zu loben und
hochzuachten, obwohl er noch nie einen Rosenkranz gebetet hat: sonst schrieb' er den
lutherischen Kalender nicht"12'.
///. Drei Aussagen über Johann Peter Hebel
Die drei folgenden Kurz-Ausschnitte aus den Dankreden beziehungsweise aus einer Erzählung
über Hebel von drei Hebel-Preisträgern, von Erika Burkart (1978). Elias Canetti (1980) und
Peter Bichsei (1986). mögen die unterschiedliche Einstellung dem Dichter gegenüber deutlich
machen.
Erika Burkart, die 1922 in Aarau geborene Lyrikerin und Romanschriftstellerin, verarbeitete
ihre erste Begegnung mit Johann Peter Hebel in einer Erzählung:
"Vermutlich ging ich bereits zur Schule, als mich meine Großmutter Frau Pfarrer Burkart aus
Rheinfelden mit Gedichten bekannt machte, die meine Kindheit prägten. In Fricktaler Mundart
trug sie uns mehrere der Alemannischen Gedichte vor. Auswendig, glaube ich mich zu
erinnern. Immer wieder wollte ich "Der Winter" und "Der Knabe im Erdbeerschlag" hören.
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