http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0094
haben; in Istein waren es vier, in Huttingen drei Juden gewesen. Um wieviel Personen es sich
jeweils gehandelt hat - jeder Name steht für eine ganze Familie samt Gesinde - geht aus diesen
Unterlagen nicht hervor.
Aus einer Bittschrift an den Bischof kann man schließen, daß die genannten Ysaac und
Oschwaldt 1579 noch in Schliengen wohnten und 1576 bereits eine Verlängerung der
Aufenthaltsgenehmigung erhalten hatten. Von Oschwaldt ist bekannt, daß er 1565 von
Steinenstadt nach Schliengen gezogen war.
Nach 1577 schein ein Teil dieser Juden wieder verschwunden zu sein; dies wohl deshalb,
weil der neue Bischof. Jakob Christoph von Blarer, 1575 bei seiner Wahl hatte versprechen
müssen, alle Juden aus seinem Territorium auszuweisen. Als er sein gegebenes Wort wahrmachen
will, stellt es sich heraus, daß die Einwohner von Schliengen den abziehenden Juden die
Schulden nicht so rasch zurückzahlen konnten. Deshalb bewilligte der Bischof eine Aufenthaltsverlängerung
.
Daß die Ausweisung nicht konsequent durchgeführt worden ist. geht daraus hervor, daß 1579
wieder folgende Namen für Schliengen bezeugt sind: "Joseph Jud. Ischwald Juden. Isaac Jud.
auch Abraham, juif (=Jude) de Schlingen sowie Menzg Meyer, juif de Muchheim". Aber 1580
sind, statt bisher 17 Familien nur noch fünf in Schliengen. und 1581 gar keine mehr.
"Fortgezogen" - ihre Schutzbriefe von 1576 waren abgelaufen. Wohin fortgezogen? Vermutlich
nach Hegenheim im Elsaß oder in umliegende Dörfer, die nicht habsburgisch und nicht
baslerisch waren.
Das Unteramt Schliengen. zu dem alle rechtsrheinischen Besitzungen des Bischofs gehörten
, unterstand damals dem Oberamt Birseck (bei Arlesheim). Eine Abrechnung aus dem Jahr
1577 von Obervogt Joseph Lorici Blarer weist Einnahmen von Juden aus: für Zins 175 (wohl
Pfund), für Steuer 80. für Frevel und Bußen 157 und "Judengelt" (also das Schutzgeld) 306. Das
Judengeld war also eine ganz beträchtliche Einnahmequelle. Kein Wunder, daß der Bischof
darauf nicht verzichten wollte/konnte. Und Bußgelder wurden von Juden wegen jeder Bagatelle
erhoben, und zwar "saftige"! Das jährliche Schutzgeld wurde oft willkürlich erhöht.
Leider gibt es hier keine Angaben über die Anzahl von Schutzjuden innerhalb des Oberamts,
auch nicht darüber, wo sie jeweils gewohnt haben.
Aus dem Jahr 1580 ist von einem Prozeß gegen einen Schliengener Juden namens Issac zu
lesen. Der wurde beschuldigt, von einem Arbogast Kaltenbach gestohlenes Kirchengerät
gekauft zu haben. Der Jude wurde festgenommen, eine Hausdurchsuchung durchgeführt.
Schließlich gibt man sich mit einer Erklärung zufrieden, in der Issac. um der Tortur und
Malefizrechnung enthoben zu werden, jegliche Zugeständnisse macht, die von ihm verlangt
werden. So muß er einen jüdischen Eid leisten, nie und nimmer gegen seine Ankläger sowie
gegen den Bischof und dessen Hofrat irgend etwas zu unternehmen, weder mit Worten noch
mit Werken, und "in keinerlei Weis". Er verpflichtet sich gegen Rückzug der Klage, eine
"wohlverdiente Strafe" von 300 Pfund zu zahlen.
Seit 1573 hatte sich die Gesamtsituation für die Juden insofern geändert, als am 1. September
1573 Erzherzog Ferdinand von Österreich, damaliger Landvogt des "Oberen Elsaß", ein
"Wuchermandat" erlassen hatte, sowohl Christen wie Juden betreffend. Darin verfügte er. daß
bis 1. Juni 1574 sämtliche Juden aus dem Gebiet der Landvogtei Ensisheim (also dem Sundgau)
"auszuschaffen" seien und dann keiner mehr geduldet werden dürfe. Die Folge war: viele Juden
ließen sich im Fürstbistum Basel nieder, eben auch in Schliengen. da Bischof Melchior von
Lichtenfels (gestorben 1575) die Niederlassung von Juden in seinen rechtsrheinischen Dörfern
erlaubt hatte. Es waren dies im Unteramt Schliengen 17 Familien (siehe oben!).
Dann schweigen die Archive ein Jahrhundert lang. Im Jahr 1694 kam es wegen vieler Klagen,
die an den Bischof gelangten, in Pruntrut zu einer Gerichtsverhandlung gegen die Juden. Das
Urteil:
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