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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 110
(PDF, 31 MB)
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Umgebung herausgerissen - in der neuen Umgebung "versumpften". Im Bewußtsein, daß die
Familie einer der grundlegenden Bausteine der menschlichen Gesellschaft ist. in der die j ungen
Menschen auf ihr Leben vorbereitet werden, holte er seine Arbeiter - es waren in seinen
Spinnereien meist junge Frauen - nicht zu seiner Fabrik hin. sondern er gründete eine ganze
Reihe von sog. "Filialfabriken" in den Gegenden, in denen die Arbeiter zu Hause waren. Dabei
betonte er. daß er die damit verbundenen größeren Produktionskosten zugunsten der Menschen
gerne in Kauf nehmen wolle. Die jungen Leute konnten somit in ihren Elternhäusern wohnen
bleiben und somit all das für ihr späteres Leben lernen, was gewöhnlich im Zusammenleben
und -arbeiten mit den Eltern gelernt wurde.

Weil er aber nicht ganz auf eine Hauptfabrik - in den späteren Jahren waren es zwei - in
Freiburg verzichten konnte, errichtete er dort ein Arbeiterinnenwohnheim, in dem die jungen
Frauen, die bei ihm beschäftigt waren, kostenlos wohnen konnten. Eine zentrale Küche - heute
würde man Kantine sagen - versorgte die Arbeiter regelmäßig mit Essen. Mez trug nicht nur
einen Anteil der Kosten für die Versorgung selbst, um sie den Arbeitern so preiswert wie
möglich anbieten zu können, sondern er sorgte auch dafür, daß sie immer entsprechend nahrhaft
war. In einer Art Cafeteria konnten die Arbeiter ihren Speisezettel noch selbständig erweitern.
Die Fabrik bot ihnen eine eigene Badeanstalt- bei den damaligen hygienischen Verhältnissen
war sie von großer Bedeutung. Die Arbeiter bei Mez waren alle in einer Pflichtkrankenversicherung
, zu deren Kosten er schon gegen Ende der 1830er Jahre 30%. später 40% Arbeitgeberanteil
übernahm. Es gab eine betriebseigene Sparkasse, wo die Arbeiter ihr Erspartes höher
verzinst anlegen konnten als bei der städtischen Sparkasse. In den Wintermonaten bot Mez
Fortbildungskurse an - eine Art Volkshochschulkurse, die sich besonders mit hauswirtschaftlichen
Themen beschäftigten. Eine eigene Bibliothek im Arbeiterinnenwohnheim versorgte
die jungen Frauen mit Lesestoff. In den Fabrikhallen und in den Schlafsälen des
Wohnheims achtete er auf gute hygienische Verhältnisse. Schließlich ist daraufhinzuweisen,
daß er ganz bewußt auch behinderte Menschen, die damals sonst vom Arbeitsleben völlig
ausgeschlossen waren, in seinen Fabriken anstellte. Um für das leibliche und geistliche Wohl
seiner Arbeiter zu sorgen, war es für ihn eine Selbstverständlichkeit, regelmäßig Andachten im
Wohnheim abzuhalten und auch die Bibelstunden, die zunächst in seiner Wohnung stattgefunden
hatten, wurden in den Speisesaal des Wohnheimes verlegt, als sein Wohnzimmer zu klein
wurde.

Wir stellen also zusammenfassend fest: Carl Mez sorgte aus christlicher Motivation schon
seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in seinen Fabriken für ein soziales Klima,
wie es für die ganze Gesellschaft erst im modernen Sozialstaat des 20. Jahrhunderts verwirklicht
wurde. Seine politische Haltung, die hier nur mehr oder weniger angedeutet werden konnte,
deckt sich völlig mit diesen Beobachtungen aus seinem wirtschaftlichen Engagement.
Ich schließe mit einem Leitspruch, der sich über einem seiner Tagebücher findet:
"Mein Zweck ist Glück und Wohlsein der Menschen. Industrie ist mir nur Mittel zu diesem
Zweck",9).

Und ich ergänze diese Aussage mit einem Satz aus dem Bericht zur Pariser Weltausstellung:
"Das hohe Ziel für alle menschlichen Verhältnisse ist auch das bei Fabriken anzustrebende,
d.h. eine ernstere und treuere Durchführung der christlichen Principien. Hierin allein ist Heil."

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