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großen Teil aus den Landschaften südlich des Hochrheins kamen und Lehnsleute des Basler
Bischofs waren. Ihr Vorgehen und die Auswirkungen dieser von Kleinraum zu Kleinraum
differenzierten Maßnahmen ist aus ganz verschiedenen Indizien wie kirchlicher Organisation.
Waldeigentumsverhältnissen. Streuung der Burgen und der bäuerlichen Besitzstruktur noch
einigermaßen ablesbar. Schon die frühe kirchliche Organisation zeigt, daß die Raumerfassung
einen ungewöhnlichen Weg gegangen ist. Das Große Wiesental wurde nicht von Schopfheim
und Zell her. wie man am ehesten denken würde, sondern vom Kleinen Wiesental, von
Tegernau aus, der Besiedlung konsequent erschlossen. Während der Bereich des Kleinen
Wiesentales und der mittlere Teil des Großen Wiesentales aber voll ist von einzelnen Burgen
und Burgstellen, die man. weil früher als die beste Urkundenüberlieferung, nur in Ausnahmefällen
einem Besitzer zuweisen kann, hört diese Burgenlandschaft im Großen Wiesental hinter der
Pfaffensteige mit Kastelberg und Künaburg auf. Das oberste Wiesental war offensichtlich nicht
mehr interessant für die Errichtung von kleinen Herrschaftssitzen. Dem scheint zu entsprechen,
daß es im Kleinen Wiesental Bauernhöfe mit zugehörigem Waldbesitz, freilich in Gemengelage,
gibt, während das hintere Große Wiesental das Gebiet der Gemeinschaftsländereien und des
nur geringen bäuerlichen Einzelbesitzes ist. Komplizierte Teilungen von Weiden und Wald
haben vor allen Dingen den Teil östlich der Wiese erst im frühen 19. Jahrhundert zum heutigen
oder bis zur Verwaltungsreform von 1973 gültigen komplizierten Gemarkungsnetz kommen
lassen. Vielleicht war daran auch beteiligt, daß dieses Gebiet zwar verschiedenen Adelsfamilien,
aber doch als gemeinsamer Besitz gehörte. Von ihnen hat es der Abt von St. Blasien erst zu
Beginn des 12. Jahrhunderts gekauft, die Fröhnd gar erst in der zweiten Hälfte des 13.
Jahrhunderts. Erinnerung an alte Privilegien zur Besiedlung dieses Gebietes ist die bis in die
Neuzeit hinein erhalten gebliebene Freizügigkeit seiner Bewohner geblieben. Der hoch- bis
spätmittelalterliche Bergbau, mit dem ich mich hier nicht weiter beschäftigen kann, hat noch
einmal zusätzliche Anwesen ins Leben gerufen, die sich erst nachträglich und dann natürlich
auf ungenügender Besitzbasis der Landwirtschaft zuwenden mußten. Ganz charakteristisch für
Todtnau wie für Schönau sind die zahlreichen Mühlen in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts,
in Todtnau über 20, die in einem ohnehin kaum Getreide hervorbringenden Tal nur als Poch-
und Erzmühlen einen Sinn hatten und mit dem Rückgang des Bergbaus in Existenznot gerieten.
Dieser hier nur grob nachzuzeichnende Gang der Besiedlung ist für die Herrschaftsverhältnisse
im östlichen Teil des Kreises bis zur Schwelle des 19. Jahrhunderts maßgebend geblieben. St.
Blasien konnte durch seinen planmäßigen Erwerb von bereits zersplittertem Adelsland eine
einheitliche politische Organisation im Großen Wiesental hinter der Pfaffensteige durchsetzen.
Unmittelbar südlich davon schloß sich der spätestens ab der Zeit um 1000 unverändert unter
Säckinger Herrschaft gebliebene, lediglich an den Adel weiterverliehene Bereich von Zell an.
der sich stets als Sperriegel erwiesen hat. Von ihm gingen keine Impulse weiter talaufwärts. Das
noch länger in Adelshand gebliebene Kleine Wiesental und der westliche Teil des Schwarzwaldes
wurden herrschaftlich erst wieder durch die Erwerbungen der Markgrafen zusammengefaßt
, die auch über den größten Teil des Altsiedellandes verfügten. Ihnen ist es
allmählich gelungen, ihre Besitz- und Niedergerichtsrechte stärker durchzusetzen gegenüber
zahlreichen geistlichen und adligen Vorbesitzern und schließlich auch die Konkurrenz des
Basler Bischofs auf wenige Restbereiche zusammenzudrängen. Es wäre sehr interessant, die
wesentlich komplizierteren Einzelheiten dieser Bewegung aufzuzeigen und zu begründen. Ein
Überblick läßt solches nicht zu, und so muß der Hinweis genügen, daß hinter diesem
komplizierten Einzelerwerb doch ein altes Recht in der ganzen Landschaft stand, das mindestens
zeitweilig für die vielen Einzelaktionen den nötigen verfassungsgeschichtlichen Zusammenhalt
lieferte. Es handelt sich um die Nachfolge der alten Grafschaft im Breisgau. Diese war
Bestandteil des Versuchs der Zähringer, ein größeres Gebiet am Oberrhein und in den
anschließenden Schweizer Landschaften zu einem einheitlichen Herrschaftsbereich auszubauen.
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