http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-01/0031
gen, welche uns die Nachricht brachte, daß die dortige Bürgerwehr schon aufgeboten
sei und uns erwarte. Schon war ich im Begriff, ihr den schriftlichen Auftrag
an die dortige Mannschaft, die von Stetten angekommen, mitzugeben, sie sollen
sofort die Eisenbahnkasse in Empfang nehmen, worauf ich mich aber entschloß,
selbst hinzugehen und dies Geschäft zu besorgen. Mit Karl Braun und einem
Scharfschützen fuhr ich sofort nach Schliengen.[...] Mit einigen Mann Bürgerwehr
von Stetten gingen wir hinaus an den Bahnhof. Gegen 100 Mann Eisenbahnarbeiter
, die gerade Ruhestand machten, stunden dort in dichten Haufen beisammen.
Ich wußte aber nicht, ob es Freunde oder Feinde waren, und schickte daher zwei
Schützen zu ihnen, um sich über ihre Stimmung und ihr Hiersein zu erkundigen.
Die Schützen glaubten, daß sie nichts gegen uns machen würden. Ich ging daher
mit kaum 7 bis 8 Mann auf die Eisenbahnkasse los, forderte das vorrätige Geld,
welches sie uns sofort in einer eisernen Kiste, die fast ganz leer war, freiwillig
anboten. Als ich aber, wieder wie in Kandern. im Falle der Unterschlagung von
standrechtlicher Behandlung sprach, holten sie uns einen Sack voll aus einem
Brunnen heraus und ein Kistchen voll aus dem Keller. Es war etwas über 1300
Gulden".
Zum Vergleich sei hier der Preis für Hafer im Jahre 1848 genannt: 1 Malter (=
150 Liter) Hafer kostete 5 Gulden und 45 Kreuzer. Es handelte sich demnach bei
der entwendeten Eisenbahnkasse um eine große Beute.
Neff weiter: ..Ich quittierte und übergab dann diese Summe einer vertrauten
Junsfrau in Schlienaen zur Aufbewahrung.
Zu derselben Zeit übergab mir eine Frau und eine Jungfrau zusammen einige
Louisdors zur Unterstützung der republikanischen Sache, wofür ich ihnen im Namen
der Republik meinen Dank abstattete. Hierauf bestellte ich beim Bürgermeister
in Schliengen einige Wägen, worauf ich meine Mannschaft schnell nach Müllheim
bringen konnte".
Neff vereinnahmte die Kassen in Müllheim und Oberweiler und holte dann die
Kasse in Schliengen ab. Danach fuhr er ins Wiesental und kam über Kandern
wieder nach Schliengen. Er schilderte die dortige Lage wie folgt:
..Nachdem wir unterwegs noch einige Gemeinde mit ihrer Mannschaft ins
Hauptquartier beordert hatten, gelangten wir in Schliengen an, wo viel besoffene
Mannschaft auf der Straße herumsimpelte. Bei diesen wüsten Saufereien wurde
sogar ein junger Mann erstochen. (23. Spt. 1848)
25. Sept. [...] Sodann erfuhren wir daß die Eisenbahn bei Müllheim wieder
gemacht worden und eine Recognoscierungs-Lokomotive nach Schliengen gefahren
sei. Hierauf eilte ich mit unserer Mannschaft auf den Bahnhof, um die Eisenbahn
(in Müllheim <P.H.>) wieder zu zerstören".
Friedrich Neff wurde im August 1849 wegen Hochverrats in Wiehre/Freiburg
erschossen. (Auf dem Friedhof in Rümmingen steht heute eine Grabsäule zu seiner
Erinnerung.) Der Prozeß wurde ihm nicht nur auf Grund seiner Teilnahme an
der Revolution im Mai 1849 gemacht, wegen der er verhaftet wurde, sondern auch
wegen seiner Aktivitäten im April und September 1848.
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