http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-01/0135
listen am Oberrhein, die trennende Rheinsrenze zu überwinden und für die
deutsch-französische Verständigung zu arbeiten 37). Doch von diesem Ziel war
man noch weit entfernt. Zum zweiten Treffen am 28. Juli 1929 in Freiburg, an
dem etwa 7 000 Teilnehmer gezählt wurden, konnte wegen schikanöser Paßformalitäten
und Valutaproblemen nur eine beschränkte Zahl elsässischer Genossen
anreisen. Für die SPD sprachen der Freiburger Landtagsabgeordnete Philipp
Martzloff und der Reichstagsabgeordnete Wilhelm Dittmann. die Basler SP vertrat
Friedrich Schneider, und aus Frankreich war mit Jean Lonsuet ebenfalls ein be-
kannter Abgeordneter anwesend 38'. Auch zum dritten Treffen am 1. Juni 1930 in
Mülhausen ließen die französischen Behörden nur 600 badische Sozialdemokraten
ins Land, während aus Basel mehr als 2000 Kundsebunssteilnehmer in die Nach-
barstadt reisten. Dieses Mal sprachen der Mülhauser Bürgermeister Wicki, Lon-
guet. Friedrich Schneider und für die SPD Reichstagspräsident Paul Löbe. Der
Mülhauser Bürgermeister nutzte die Gelegenheit, um namentlich den Basler Ge-
nossen für ihre praktische Arbeit im Sinne der Völkerverständigung und ihre seit
Jahrzehnten andauernde Unterstützung der sozialistischen Bewegung im Elsaß zu
danken39).
Sowohl 1929 als auch 1930 gab es in Freiburg und Mülhausen von konservativer
Seite Kritik an den Veranstaltungen. Sie richtete sich neben der allgemeinen
Ablehnung der Sozialdemokratie auch gegen die "Verbrüderung" mit dem
"Erzfeind". Demgegenüber gab es in Basel von dieser Seite kaum nennenswerte
Polemiken. Wie nicht anders zu erwarten, geißelten die Kommunisten in allen drei
Städten die Treffen der "Sozialpatrioten", wie die Sozialdemokraten im Zeichen
der stalinistischen Sozialfaschismustheorie verächtlich genannt wurden. Bereits
1928 organisierte die Basler KP eine als wahre Arbeiterdemonstration deklarierte
Gegenkundgebung, während sie das Treffen der Sozialdemokraten als "Reformistenaufmarsch
" verhöhnte. Dabei hielt man der SP vor. "zu einer Fraktion des
Bürgertums innerhalb der Arbeiterbewegung" verkommen zu sein, weshalb man
sie ebenso unerbittlich wie das Bürgertum bekämpfen müsse40'. Ähnliche Töne
waren 1929 in Freiburg zu vernehmen. Allerdings beschränkten sich die Kommunisten
dieses Mal auf das Verteilen von Flugblättern, in denen sie die Arbeiterschaft
zum Fernbleiben aufforderten. Gleichzeitig fand am selben Tag in Badisch-
Rheinfelden ein semeinsames Treffen der oberbadischen KPD-Unterbezirke mit
den Basler Kommunisten statt. Diese Veranstaltung drohte nach einem kurzfristigen
Verbot durch die badischen Behörden in Tumulte auszuarten, da sich die
meisten der rund 2000 Teilnehmer bereits in der Stadt befanden. Nach einer
Intervention Max Bocks konnte am Schluß noch eine Kundgebung abgehalten
werden, auf der namentlich der bekannte Basler KP-Funktionär Emil Arnold die
Chemieindustriellen angriff. Sowohl auf badischer als auch schweizerischer Seite
war ein großes Polizeiaufgebot aufmarschiert. Auseinandersetzungen blieben aber
aus41'. 1930 veranstalteten die französischen Kommunisten in Mülhausen eine
kleine Gesendemonstration. während die Basler Kommunisten das Ereignis mit
Schweigen übergingen42.
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