http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-01/0147
Personen aus dem Gebiet der heutigen
Bundesrepublik Deutschland im ersten
Riehener Taufbuch im Zeitraum von 1568 bis 1617
Michael Raith
Schon bevor der Dreißigjährige Krieg Flüchtlingsströme aus Süddeutschland in
die Schweiz fließen ließ, herrschte im Basler Grenzort Riehen ein reges Menschentreiben
. Besonders intensiv müssen die Kontakte zwischen Bettingen und
Grenzach sowie den weiter östlich gelegenen Gebieten des Dinkelbergs gewesen
sein. Die Inzlinger verkehrten sowohl in Bettingen als auch in Riehen. Eng geknüpft
waren die Bande zwischen Lörrach, Weil und Riehen, aber auch das Rebland
, das Kander- und Wiesental standen in lebhafter Beziehung zu den baselstädtischen
Landgemeinden. Demgegenüber fällt die Zahl menschlicher Bindungen
über den Rhein ins Baselbiet, in die übrige Schweiz und ins übrige Deutschland -
der Süden ist hier selbstverständlich stärker als der Norden vertreten - deutlich
zurück. Einzig zu Gebieten des Fürstbistums Basel und ins Elsaß führten betretenere
Wege. Das alles läßt sich aus den ersten fünfzig Jahren des 1568 angelegten
Taufbuches der Kirchgemeinde Riehen-Bettingen entnehmen.
Erfaßt wurden in der vorliegenden Zusammenfassung Einträge, die Personen
aus dem heutigen Deutschland betreffen. Zur Hauptsache kommen diese aus dem
Markgräflerland und seiner Nachbarschaft, z. B. aus dem vorderösterreichischen
Bereich des Dinkelbergs. Die Schweiz, das Elsaß und das heutige Österreich sind
mit Absicht nicht aufgenommen worden (mit Ausnahme der Stadt Laufenburg, die
damals noch nicht geteilt war). Viele Ortsangaben sind ungenau, unverständlich,
widersprüchlich oder offensichtlich falsch. Zum Teil mag das mit Leseproblemen
des Bearbeiters zu tun haben, zum Teil auch mit oxydierter Tinte und Flecken, zur
Hauptsache aber mit zeitbedingten Gegebenheiten: der Pfarrer als Registerführer
war auf mündliche Informationen angewiesen, kaum im Besitz von Karten, Atlanten
und eines gründlichen geographischen Wissens.
Über frühe Wanderungen berichten bereits die Familiennamen (Öttlicker. Bint-
zer etc.). Später sind Herkunftsangaben nur bei einem Teil der Verzeichneten
gemacht worden. Die tatsächliche Kontaktintensität über die Grenze war also weit
größer, als in der vorliegenden Zusammenstellung ausgewiesen ist. Ganz besonders
fällt auf, daß in den ersten Jahrzehnten nach der Reformation offenbar bedenkenlos
Mischehen eingegangen. Kinder katholischer Eltern evangelisch getauft
und von Katholiken Patenschaften für evangelische Kinder übernommen wurden:
der Pfarrer fand das nicht einmal eine Bemerkung wert. Von einem reformiertlutherischen
Gegensatz ist schon gar nicht die Rede. Auch noch nicht durchgesetzt
hatte sich die neuhochdeutsche Schriftsprache, es kommen noch fast mittelhoch-
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