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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 1.1994
Seite: 205
(PDF, 32 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-01/0207
A) Almut Steyer versucht, nach gewissenhaften Quellensichtungen zu gesicherten Rückschlüssen
zur "rechtlichen und sozialen Situation der Einwohner" und zur "Haltung der Regierung zur Auswanderung
" zu gelangen. Obwohl die Verfasserin die Unterscheidung befohlene Anordnung / tatsächliche
Befolgung macht, sie gar herausfiltern möchte, bleibt zur Eintreibung der auf dem Papier geltenden
Abgaben ein Fragezeichen: Die Bauern"schläue" war nach meiner Erfahrung aus familiengeschichtlichen
Untersuchungen doch oft "gerissener" als behördliche Willensäußerungen.

B) Die Unterscheidung Bürger / Hintersasse ist m.E. etwas zu eng: Es gab Hintersassen, die von
allen Abgaben befristet oder unbefristet frei waren (ihre Kenntnisse oder Fähigkeiten waren besonders
gesucht). Diese Art Hintersassen waren eine -auch gegenüber den Bürgern- bevorzugte Schicht. Freilich
ist einzuräumen, daß derartige Hintersassen in kleineren Dörfern häufig nicht anzutreffen waren,
sie somit vielleicht auch im hier untersuchten Gersbach vernachlässigt werden konnten.

C) Auf S. 68 f. wird Karl Seith etwas "gerupft". Es gehört zur wissenschaftlichen Arbeit, auf
fehlerhafte Behauptungen hinzuweisen: die Richtigstellung war nötig. Schön wäre es gewesen, die
großen Verdienste dieses Mannes in einem Nachsatz zu würdigen. Selbst kannte ich Seith nicht mehr.
Doch ließ ich mir berichten, er habe oft. wenn ihm ein festzugesagter Beitrag für unsre Zeitschrift nicht
zugestellt wurde, in der Nacht seine nicht vorgesehenen Ersatzarbeiten niedergeschrieben, um seine
Ueser nicht mit einem "schwindsüchtigen Heftchen" zu enttäuschen.

Diese Einwendungen sollen das Uob. das die besprochene Untersuchung voll verdient, nicht schmalem
. Wo -auch sehr gute- Arbeit geleistet wird, unterlaufen Fehler: sie leicht "anzutippen", soll keineswegs
herabmindernd, wohl aber aufbauend wirken. Der Verfasserin sei für ihre Veröffentlichung
hiermit warm gedankt. Martin Keller

Zur Neuauflage des "Madlee "-Bandes von Hermann Burte

Im vergangenen Herbst hat die Hermann-Burte-Gesellschaft (Lörrach) die längst vergriffene alemannische
Gedichtsammlung "Madlee" des bekannten Dichters und Malers Hermann Burte (1879-
1960) herausgegeben. Es ist ein schmucker, vom Verlag Resin (Binzen) im neuen Schriftbild sorgfältig
gedruckter und in hellblauem Leinen gebundener Band (Format 20.5 x 14,5 cm: 368 Seiten), eine
wertvolle, von Dr. Magdalena Neff sorgsam betreute Neuauflage mit einem klug durchdachten Geleitwort
des Schweizer Schriftstellers Dr. Georg Thürer. ehemals Professor für deutsche Sprache und
Literatur an der Hochschule St. Gallen.

Es handelt sich um eine getreue Wiedergabe der zweiten "Madlee '-Auflage (1933). wobei nicht nur
der ursprüngliche Wortlaut der Verse beibehalten wurde, sondern auch die phonetische Schreibweise
der Wörter, so wie sie Hermann Burte in seiner Wiesentäler Mundart von Anfang an handhabte. Eine
graphische Normierung ist nur da vorgenommen worden, wo die optische Vielfalt der Transkription
bei etwaigen, in ein und demselben Gedicht mehrmals auftretenden Wörtern sich nachteilig auf die
Lesbarkeit des Mundartlichen auswirkte.

Die Neuauflage des Buches war besonders sinnvoll nicht nur. weil es vergriffen war. sondern weil
es zu jenen dichterischen Erbgütern des alemannischen Raumes gehört, die aus sprachlichen und
kulturellen Gründen unbedingt erhalten werden müssen. In der Tat ist es das Ureigenste, was der
leidenschaftliche Hebel-Verehrer in seinem genialen, regionalistisch ausgerichteten Sturm- und Drang-
Alter hervorgebracht hat. Darin ist schon, wenn auch in mundartlicher Sprachform. Burtes Dichtkunst
in all ihrer Urwüchsigkeit und Bildhaftigkeit. Reichhaltigkeit und Spannweite am unmittelbarsten zum
Ausdruck gekommen.

In seinem aufschlußreichen Geleitwort bespricht Professor Georg Thürer. als Spezialist des Alemannischen
, die Entstehung und Schöpfung der "Madlee" mit wissenschaftlicher Gründlichkeit. Fachkundig
schildert er den langen Werdegang, der von der spontanen Niederschrift der ersten Verse anno
1905 im Pariser Luxemburg-Garten über die allmähliche Manuskript-Gestaltung bis zur ersten Auflage
im Herbst 1923 führte. So wie Hebel, der Vater der alemannischen Dichtung, als entwurzelter südbadi-
scher Alemanne im nordbadischen Karlsruhe seinem Heimweh auf einmal Laut gegeben und dadurch
Luft gemacht hatte, so schuf der sprachgewandte, zur Fortbildung in der französischen Weltmetropole
weilende Maulburger Kunstmaler (damals noch unter seinem Namen Hermann Strübe) aus Sehnsucht
nach der fernen Heimat plötzlich seine ersten mundartlichen Reime. Märchenhaft mutet es einen an.

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