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Die Veränderungen, mit der die nachantike Zeit und damit das Mittelalter eingeleitet
wurden, sind jedoch sehr einschneidend gewesen. Mit der Einwanderung der
Alamannen ist schließlich ein Wechsel der Sprache, der Religion, der Wirtschaftsund
Siedlungsform sowie des Sozialgefüges verbunden. Eine hochentwickelte, durch
das Leben in städtischen Zentren geprägte Zivilisation wurde durch eine archaischbäuerliche
Gesellschaft abgelöst.
Dabei währte die politische Unabhängigkeit der Alamannen bis zum Jahr
496 n.Chr.. in dem die Auseinandersetzungen mit den Franken um die beherrschende
Position in Mitteleuropa mit dem Sieg König Chlodwigs endeten. Zwar stellten sich
die im Süden wohnenden Alamannen unter ostgotische Schutzherrschaft, doch mit
dem Niedergang des Ostgotenreichs in Italien ging 536 n.Chr. auch dieser Rest
alamannischer Unabhängigkeit verloren. Landesherr war nun der Frankenkönig, sein
Statthalter in Alamannien wurde ein Herzog, der Dux Alamannorum, der offenbar an
verschiedenen Orten des Landes residierte.
An strategisch wichtigen Plätzen entstanden kleine fränkische Garnisonen, so auf
dem Münsterhügel in Basel. Fränkische Königshöfe dienten als Stützpunkt der
Verwaltung, zum Beispiel auf dem schon in Zusammenhang mit den Römern
erwähnten Bergrain bei Kirchen. Das politische Verhalten der Herzöge und des ihnen
großenteils verbundenen Adels gegenüber dem fränkischen König war sehr unterschiedlich
, abhängig von der stärkeren oder schwächeren Position des regierenden
Herrschers. So finden wir in der späten Merowingerzeit auch Herzöge an der Spitze
von Aufständen, die aber ihr Ziel, die Rückgewinnung der politischen Selbständigkeit
, durchweg verfehlten.
746 n.Chr. endete ein letzter Versuch mit dem sogenannten Gerichtstag von
Cannstatt, der gleichzeitig als Schlußpunkt der alamannischen Geschichte gelten
kann, soweit wir sie als Geschichte eines Volkes begreifen, das seine Eigenstaatlichkeit
zu verwirklichen suchte.
Archäologisch gesehen ist die Merowingerzeit die Zeit der Reihengräberfelder.
Siedlungen, die oft unter den heutigen Dörfern und Städten liegen bzw. dort vermutet
werden (z.B. in Lörrach oder Schopfheim), sind erst wenige bekannt, im Markgräf-
lerland bisher nur Plätze im nördlichen Bereich wie Mengen oder Biengen82', im
Süden der schon genannte Königshof von Kirchen83'. Größere Untersuchungen haben
bisher nur in Mengen stattgefunden, wo aber die eigentlichen Wohngebäude noch
nicht gefunden worden sind. So müssen wir das Bild der frühen Höfe und dorfartigen
Siedlungen aus anderen Gebieten übernehmen, teilweise auch aus den Beschreibungen
in den alamannischen Rechtstexten wie der Lex Alamannorwn M).
Demnach bestand ein typisches alamannisches Gehöft aus verschiedenen Gebäuden
in Holzbauweise, Wohnhaus, Scheuer, Stall für Groß- und Kleinvieh, Fruchtspeicher
und Keller, dieser ebenfalls ein gesonderter Bau. Weitere kleine Häuser dienten
als Wohnungen für das Gesinde oder als Werkräume, z.B. für die häusliche Textilher-
stellung. Dieser Hoftyp hat sich im alamannischen Raum nirgends erhalten, er wurde
im Laufe des Mittelalters von anderen Gehöftformen abselöst.
In den zahlreichen Gräbern dieser Zeit (einzelne Friedhöfe wie Mengen erreichten
mehr als 1.000 Bestattungen85') spiegelt sich das Leben der damaligen Menschen mit
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