http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-02/0107
Als der erste Dorfherr starb und Egenolph die Herrschaft antrat, mußten sich die
Eschbacher Bürger auf den Weg ins zuständige Amtsstädtchen Heiteren im Elsaß
begeben, um dem neuen Herrn - bzw. der Herrin - den Huldigungseid abzulegen.
Mit dem Boot überquerten sie die Rheinschlingen, den Rest marschierten sie zu
Fuß: immerhin insgesamt 30 km hin und zurück.
Frauen und Kinder
Zu Frauen und Kindern ist den Ordnungen nur wenig zu entnehmen. Vogt und
Vormund kümmerten sich um Witwen und Waisen, vertraten sie vor Gericht und
verwalteten ihr Vermögen. Egenolph setzte sich sehr für sie ein und sorgte für
ordnungsgemäße Abrechnung. Wenn die Vögte allzu üppige Spesenrechnungen
präsentierten, gebot er Einhalt. Einmal im Jahr, am Vormundschaftstag. ließ er auf
seine Kosten zwei Zentner Butter an sie austeilen. Die Waisen erhielten zusätzlich
am St. Agnesfest eine Extraration Getreide. Einer Waise mußte es nicht schlechter
gehen als einem Mädchen, das noch seine Eltern hatte, wie aus einer Vogtsrechnung
hervorgeht: Bei der bevorstehenden Hochzeit seines Mündels kümmerte sich der
Vogt um die gesamte Organisation, gab ihm Geld für einen Rock und bezahlte das
Essen für die "hochzit latungsleith" (Hochzeitslader), natürlich mit Geld aus des
Mündels Vermögen. Bei den Kindsbetterinnen verzichtete die Herrschaft auf das
jährliche Fasnachtshuhn. 1586 demnach auf vier Stück, denn vier Kinder waren zur
Welt gekommen. Vor allem Egenolph hatte ein Herz für Kinder: Wer vier kleine
unerzogene Kinder hatte, konnte mit einer milderen Strafe bei einem Vergehen
rechnen, ein "Kindtsvatter" erhielt leichter einen Nachlaß bei der Zehntabgabe.
Kinder standen jedenfalls unter besonderem Schutz: Wer einen Knaben wegen eines
mutwilligen Streichs zu stark schlug, mußte mit einer harten Strafe rechnen.
Einen eigenen Status hatten verwitwete Frauen: Sie konnten mit Gütern belehnt
werden, mußten allerdings dementsprechend Steuern und Abgaben bezahlen wie
auch die adligen Witfrauen.
Ämter
Einige der Bürger, nicht der Hintersassen, waren mit Ämtern betraut, die hier
nur am Rande interessieren sollen. Die wichtigsten Personen im Dorf, einmal der
Vogt - heute würde man Bürgermeister sagen -. zum anderen die sogenannten
Vierer und die Gerichtsleute dürfen jedoch nicht übergangen werden.
Zunächst zum Vogt. Es lag weitgehend in seiner Hand, die Geschicke des Dorfes
zu lenken - soweit es die Herrschaft und die Dorfbewohner zuließen. Er war das
verbindende Glied zwischen Herrschaft und Untertan und sollte laut Ordnung auch
beiden nach bestem Wissen dienen. Er steht dem Gericht vor, das sowohl den Aufgabenbereich
eines heutigen Grundbuchamts und Notariats umfaßt als auch Straftaten
ahndet. Dabei wird er von den Gerichtsleuten und den Vierern unterstützt. Sie dürfen
alle Geldstrafen bis zu drei Schilling Stebler unter sich aufteilen, und zwar sollten der
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