http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-02/0141
Feldberg*'
Feldberg wird zum ersten Mal 890 in einer St. Galler Urkunde erwähnt als
Veldperga. 1130 Veltperc. Der älteste Teil der heutigen Kirche ist zweifellos der
Turm. Es handelt sich bei diesem um eine Chorturmanlage. Diese Art des baulichen
Zusammenfassens von Altarraum (Erdgeschoß des Turmes) und darüber sich erhebendem
Turm ist in unserem Gebiet vor allem in gotischer und spätgotischer Zeit
außerordentlich beliebt und verbreitet^'. Für diese Art der baulichen Zusammenfassung
gibt es verschiedene Erklärungsversuche: es sei. so kann man lesen, diese
bauliche Form mit den iroschottischen Mönchen, die die Alemannen missionierten,
zu uns gekommen. Diese Erklärung ist wenig plausibel, da die iroschottischen
Mönche im 6./7. Jh. wirkten, die uns bekannten Chorturmanlagen jedoch erst viele
Jahrhunderte später entstanden sind. Es sei. so ist auch gesagt worden, diese Bauweise
für die Franken typisch. Dafür spricht mehr, denn in der Tat sind im fränkischen
Gebiet Chorturmanlagen besonders häufig, doch stellt sich auch hier das gleiche
Problem, daß die uns bekannten Chorturmanlagen in die Zeit des Spätmittelalters
gehören und die Zeit der Frankenherrschaft ins 879. Jh. fällt. Die u.E. einfachste
Erklärung ist ein rein praktischer Grund, der zweifellos eine wichtige Rolle gespielt
hat: für Chor und Turm war meist die ..Herrschaft" baupflichtig. Im Chor amtete im
allgemeinen der Priester, der von der Herrschaft eingesetzt wurde, die Glocken im
Turm dienten auch als Feuersignal, der Turm selbst als Zuflucht für die Einwohner
des Ortes, nicht selten auch als Archiv, als Aufbewahrungsort für Wertgegenstände.
Wenn schon für Chor und Turm häufig der gleiche ..Herr" zahlungspflichtig war.
dann las es nahe, diese beiden Bauteile zu einem zusammenzufassen. Für das
Kirchenschiff war in der Regel die Kirchengemeinde baupflichtig, es war ja schließlich
auch ihr Gotteshaus.
Jedenfalls haben sich die Chorturmanlagen bei uns vor allem im 15. und 16. Jh.
c
großer Beliebtheit erfreut. ..Bei Streitigkeiten über die Baupflicht wird andauernd
betont, es sei im Bistum Straßburg Recht, daß der Zehntherr den Chor zu bauen habe
und alles, was darüber ist. Denn nur die Rechtsgewohnheit, den Chor und alles, was
darüber ist. zu bauen, konnte den Decimator im allgemeinen veranlassen, die
Baupflicht für den Turm anzuerkennen, die sonst der Gemeinde zugefallen wäre. Nun
wäre es aber sicherlich nicht recht, wenn man die Entstehung der Chortürme als
Auswirkung dieser Rechtsverpflichtung sehen wollte. Aber führend war doch sicherlich
auch eine religiöse Vorstellung: ein Empfinden dafür, daß mit dem hochragenden
Teil des Bauwerks der Hinweis auf das Erhabene Gottes gegeben ist und daß dieser
Hinweis über dem Altarraum die entsprechende Stelle hat. Es schien doch auch
durchaus am Platze, daß die Glocken, die auf dem Turm hingen und die ja nicht nur
zur Herbeirufung der Gläubigen geläutet w erden, sondern auch im Gottesdienst selbst
Verwendung finden (Läuten beim Evangelium der Messe, zur Wandlung, zum
Wettersegen, zu Lobgesängen wie dem Te Deum). unmittelbar über dem Heiligtum
hängen und von den Altarstufen aus in Bewegung gebracht werden" (Wolfgang
Müller)7'.
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