http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-02/0166
Ein wesentliches Faktum, das die andersartige Entwicklung Inzlingens gegenüber
dem Markgräflerland zeigt, besteht darin, daß sich Inzlingen nicht der 1556 im
Markgräflerland eingeführten Reformation anschloß, sondern katholisch blieb. Die
Pfarrei Inzlingen war, wie gesagt, dem Kloster St. Blasien inkorporiert, und die Herren
Reich von Reichenstein, obwohl sie Bürger der seit 1529 reformierten Stadt Basel
waren, beließen diesen Zustand. Auch die Tatsache, daß der Markgraf als Lehensgeber
nicht im Sinne der evangelischen Konfession eingriff, zeigt, daß die Herren Reich
von Reichenstein im Besitz des Inzlinger Lehens so gut wie souverän waren.
Von 1623 stammt die älteste bekannte Darstellung des Inzlinger Wasserschlosses:
ein Stich des Baslers Daniel Meissner (in Thesaurus Philopoliticus. 1625. L Bd. 5.
Abteilung. Nr. 26: neu aufgelegt 1637 und 1678. damals unter dem Titel „Sciagraphi-
ca Cosmica"')2".
1674-1745 lebte Dominikus Ignaz Reich von Reichenstein. In seinem Auftrag
erhielt das Inzlinger Wasserschloß zweifellos die barocke Vollendung seiner Gestalt
(Dächer ergänzt. Schweifgiebel über der Eingangsseite. Außenbemalung). Er ließ
auch 1731 die qualitätvolle sandsteinerne Barockstatue des Hl. Johannes Nepomuk
(Allianzwappen Reich von Reichenstein und von Rechberg-Rothenlöwen) vor dem
Schloß auf dem Festland anfertigen. Diese Figur stand, wie in der stuckierten
Darstellung des Inzlinger Wasserschlosses aus der Mitte des 18. Jh. im Obergeschoß
zu erkennen ist. ursprünglich in einem kleinen pavillonartigen Heiligenhäuschen.
Dominikus Ignaz Reich von Reichenstein trat auch als großzügiger Stifter auf
(Monstranzen und Kelch in der Pfarrkirche Inzlingen).
1715-1776 lebte Joseph Franz Ignaz Reich von Reichenstein, welcher das Schloß
im Inneren um 1750 im damals modernsten Stil des Spätbarock/Rokoko neu ausstattete
. Damals entstand die heute noch erkennbare qualitätvolle Innenausstattung
mehrerer Räume mit hervorragendem Rokoko-Stuck, mit Kniegetäfer. Füllungstüren
. Supraporten. Kachelofen und den eingelegten Fußböden.
Im 18. Jh., in einer Zeit geordneter Verwaltung, machten verschiedene Lehensgeberden
Versuch, ausgegebene Lehen, wenn möglich, w ieder einzuziehen. Interessanterweise
versuchten die Markgrafen dies in Inzlingen nicht: offenbar hatten sie sich
mit dem dauernden Verbleib Inzlingens als Lehen der Familie Reich von Reichenstein
abgefunden. Von Bedeutung mag dabei auch gewesen sein, daß die Markgrafen
als Bürger von Basel andere Bürger dieser Stadt, wie zum Beispiel die Herren Reich
von Reichenstein, nicht kränken wollten und daß sie Basel in allen politisch unruhigen
Zeiten stets als Zuflucht benötigten und benutzten und daher alles vermeiden mußten,
was sie dort hätte in Verruf bringen können. Anders Österreich, das in Basel keine
Rücksicht nahm: da die Herren Reich von Reichenstein zum breisgauischen Ritterstand
gehörten und außerdem österreichische Lehen im Elsaß innehatten, wurde die
Hoheit über Inzlingen von Österreich beansprucht, bis dieses schließlich gegen eine
beträchtliche Entschädigung durch die Konvention von Staufen 1741 seine Ansprüche
aufgab.
Im 18. Jh. müssen die Einkünfte aus der Landwirtschaft erheblich zurückgegangen
sein, so daß Besitztümer wie Inzlingen verarmten. 1781 hören wir dies tatsächlich.
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