http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-02/0173
Ein Bauwerk ersten Ranges stellt zweifellos die alte Kirche St. IVIichael dar. Die
erste Erwähnung einer Pfarrei in Schopfheim erfolgt 1244 (plebanus Arnoldus de
Scophein). Durch archäologische Grabungen 1921/22 wurde ein romanischer Bau
unter der heutigen alten Michaelskirche festgestellt. 807 ist der Ort urkundlich
erwähnt, nicht jedoch eine Kirche. Ein Leutpriester (und damit eine Kirche) in
Schopfheim sind hingegen für 1130 nachgewiesen. Man kann daher sagen, daß die
1921/22 ergrabene Kirche mindestens in das Jahr 1130 zurückgehen dürfte. Danach,
wohl im 13./14. Jh.. erfolgte eine Veränderung der Chorpartie. Die ursprünglich
halbrunde Apsis wurde in eine Chorturmanlage auf quadratischem Grundriß umgestaltet
, so daß dieses alemannische Lieblingsmotiv auch hier nicht fehlt. Dieser
Chorturm ist identisch mit dem Unterbau des heute noch erhaltenen, der im übrigen
allerdings erst ins 15. Jh. zurückgeht.
Im 15. Jh. wurde an die Kirche die Spital- oder Höcklinkapelle (nach der Adelsfamilie
Höcklin so benannt) mit der Grablege der Höcklin von Steineck angebaut.
Weshalb diese Kapelle und die später, jedoch noch im 15. Jh.. angebaute Sakristei in
schiefem Winkel zum Kirchenschiff stehen, ist nicht bekannt, höchstwahrscheinlich
weil, wie Rolf Brüderlin darlegt, diese Kapelle auf heute nicht mehr bestehende
Nachbargebäude der Kirche Rücksicht nehmen mußte.
Und da erfolgte im 15. Jh. ein bedeutender Erweiterungsbau der Kirche. Die
nördliche Längswand des Schiffes wurde hinausgerückt, während die südliche
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erhalten blieb. Dabei nahm man in Kauf, daß der Chor aus der Mittelachse des
Schiffes rückte, auch nach Westen wurde das Langhaus um ein Joch erweitert,
außerdem auf der Südseite, gleichsam als Gegengewicht zur Höcklinkapelle. quer-
schiffartig eine Südkapelle (Gut-Kapelle) errichtet (Südfenster im 18. Jh. verändert).
Außerdem wurde der vorhandene Chorturm aufgestockt. ..Die Neugestaltung des
Langhauses dürfte nach schweren Beschädigungen der Kirche durch das Basler
Erdbeben von 1356 und die Folgen des Stadtbrandes von 1412 notwendig geworden
sein" (Johannes Helm).
Nach einem weiteren Brand wurden die heutigen spätgotischen Gewölbe eingesetzt
(datiert 1479 und 1482). An den Rippenkonsolen erscheint das markgräfliche
Wappen. Ein Schlußstein im Gewölbe zeigt das Wappen des Markgrafen Rudolf IV.
(1444-1487). ein weiterer Schlußstein ist mit der Darstellung des Hl. Michael, des
Patrons der Kirche, versehen.
Im Chor und in der Höcklin-Kapelle haben sich neben älteren Resten Freskomalereien
des 15. Jh. erhalten, die stilistisch eng mit Basel zusammenhängen, wie dies für
das Markgräflerland auch andernorts typisch ist. Die große Nische an der Nordwand
der Höcklin-Kapelle barg wohl eine Heilig-Grab-Darstellung (auch dies ein im
Markgräflerland äußerst beliebtes Motiv: vgl. Otlingen). Daß die Sakristei, wie
erwähnt, im 15. Jh. angebaut wurde, geht auch daraus hervor, daß sich an ihrer Tür
ebenfalls das Wappen Rudolfs IV. von Hachberg-Sausenberg befindet.
Aus diesen schrittweisen Erweiterungen und immer stärkeren Bereicherungen
erkennt man deutlich, daß das Markgräfliche Haus die alte Michaelskirche in
Schopfheim stets als eine Herrschaftskirche und als Schloßkirche, d.h. als einen mit
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