http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-02/0342
in Frankreich einmarschiert seien. Die Österreicher wollten nun auch am Oberrhein
ins Elsaß einbrechen. Da kommt plötzlich die Nachricht, daß der Angriff abgeblasen
sei. so daß die zuversichtliche Stimmung wieder umschlug. Inzwischen hatte sich
auch die Zucht bei den Soldaten gelockert.
Es folgten vier Jahre trostloser Eintönigkeit: Ständige Einquartierung, dauernde
Angst vor dem Einfall des Feindes, unausgesetzte Kriegsfronden, unzählige Lieferungen
für die Armee. Die Rheingrenzen wurden verschanzt. In Lörrach war das
Hauptquartier, in Binzen befanden sich die Feldbäckerei und die kaiserlichen Magazine
. Tag und Nacht rollten die Fuhrwerke dorthin und zurück. Schlimmer aber war
die Angst vor dem Einbruch der Franzosen, und alle Gemeinden mußten Leute zum
Schanzen schicken. Am 7. November 1792 hörte man zum ersten Mal die Kanonen,
so daß die Fenster des Steinener Pfarrhauses zitterten. Die Franzosen hatten eine
Schiffsbrücke schlagen wollen, doch dies wurde verhindert.
Im Januar 1793 hörte man vom schrecklichen Tod Ludwigs XVI.. der öffentlich
enthauptet worden war. Da wurde die Angst noch größer, besonders als die Franzosen
mit einer neuen Schiffsbrücke bei Hüningen erfolgreich waren. Viele hatten Fluchtgedanken
. Man vergräbt wertvolles Silber, doch ein österreichisches Freikorps rettete
noch einmal die Situation.
Am 16. März 1793 kam die erste Einquartierung nach Steinen. Es waren Ungarn -
"stets aufgeräumt und lustig", schreibt der Pfarrer. "Sie tanzen und springen, wo sie
gehn. und die Weibsleute laufen ihnen nach". Für 1 Batzen bekamen sie bei den
Bauern Morgensuppe. Mittagessen mit einem halben Pfund Fleisch. Nachtessen und
eine Lagerstatt in der warmen Stube. Die Bevölkerung und die Soldaten verstanden
sich hervorragend. Das Pfarrhaus war gesetzlich von Einquartierung befreit. Dafür
lud die Pfarrfamilie täglich zwei bis drei Soldaten zu Tisch. Sonntags marschierten
sie in die Kirche, still und andächtig. Protestanten unter ihnen erhielten das Heilige
Abendmahl. Als sie abzogen, gab es Tränen auf beiden Seiten.
Danach kamen deutsche Fußtruppen. Diese Leute - ausnahmslos Katholiken - besuchten
ebenfalls die evangelische Kirche. Auch sie nahmen mit der Hausmannskost der
Bauern vorlieb. Die einzige Unordnung, die sie verursachten, waren die Tänze in den
Wirtshäusern an den Sonntagen. "Die ledigen Weibsleute führen sich dabei ärgerlich
auf, schreibt der Pfarrer. "Sie suchen alle Gelegenheit zur Verführung".
Einmal fand die Beerdigung eines Soldaten statt. Mit Glocken. Musik und allen
militärischen Ehren wird er bestattet, im Gegensatz zu späteren Jahren, wo die
gefallenen Soldaten kurzerhand verscharrt wurden. Hin und wieder kam ein katholischer
Feldpater, wohnte im Pfarrhaus und hielt katholische Messen in der evangelischen
Kirche. Dies war die erste Einquartierung im Pfarrhaus. Von 1794 an hörte dann
die Einquartierung dort fast nie auf. Gefürchtet war vor allem die österreichische
Reiterei. Der Pfarrer schreibt am 16. September 1795: "Sie sind der Einwohnerschaft
eine große Last. Nichts ist vor ihnen sicher. In Feld und Garten nehmen sie, was sie
wollen". Noch schlimmer waren die Freihusaren, die nur wenig militärische Zucht
kannten. "Diese Nacht lärmten sie und tobten auf der Gasse und schlugen Türen und
Fenster ein; fast alle waren betrunken". Ihre Pferde waren direkt beim Pfarrhaus
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