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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
57.1995, Heft 1.1995
Seite: 28
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1995-01/0030
Die Ärmeren sahen die Sachlage indessen so: das "Gemeingut", die Allmende,
gliedere sich in drei Teile: Erdäpfelfeld. Fruchtfeld. Weide. Das Erdäpfelfeld teile
man nach dem Steuerfuß ab: wer viele Steuern zahle, erhalte mehr. Die Größeren
könnten damit nicht nur ihr ganzes Gesinde, sondern auch ihre Schweine ganzjährig
füttern und unterhalten: sie ließen sogar öfters etwas verderben. Die Ärmeren
erhielten dagegen nur soviel, daß sie längstens ein Vierteljahr davon zehren könnten
. Die Reichen ließen sogar manche Stücke brach liegen oder gäben sie den
Ärmeren gegen ein Aufgeld!

Das Fruchtfeld werde ebenfalls nach dem Steuerfuß geteilt. Das alle zwei Jahre
wieder zur Weide geschlagene Feld bringe den Reichen 300 bis 400 Garben, den
Armen indessen nur 5 bis 60 Garben. Alle 12 bis 13 Jahre komme man wieder an
den ersten Ort des Fruchtfeldes zurück. Der Kleinbauer müsse seine Frucht nach
Hause tragen oder ziehen, der Reiche aber könne mit Zug und Wagen fahren. Bei
der gemeinsamen Weide seien die Reichen sowieso im Vorteil.

Trotz steigender Unzufriedenheit legte ein neues Urteil den Armen ewiges Stillschweigen
in dieser Sache auf. und 30 Kleinbauern mußten dies mit ihrer Unterschrift
bestätigen. Aber sie gaben nicht klein bei und leisteten sich einen Anwalt,
um bei der Regierung und Kammer in Freiburg Hilfe zu finden. Vergeblich. Die
revolutionären Ereignisse in Frankreich fachten den Ingrimm neu an. es kam zu
einer gewaltsamen Entladung. Am 9. April 1792 hielt der Geschworene Johann
Kiefer, vom Lehrer Joseph Wetzel unterstützt, die übliche Versammlung zur jährlichen
Zuteilung der Allmendstücke ab. Natürlich sollte der Steuerfuß die Grundlage
sein. Die Kleinen riefen lautstark, es müsse nach Köpfen geteilt werden.
Umsonst mühte sich Kiefer in dem wachsenden Tumult um Ruhe. Einige waren
mit Bengeln erschienen und drängten die Reichen zum Nachgeben. Dann zog der
erregte Haufen aufs Feld hinaus und führte eigenmächtig die Landaufteilung
durch. Die "kleinere Bauernschaft" war nachher selbst darüber erschrocken und
sandte neun Deputierte aufs Schönauer Amt. Sie machten deutlich, daß sich ihre
Forderungen lediglich auf die Erdäpfelfelder, nicht aber auf die Frucht- und
Brandfelder bezögen. Sie seien bereit, den Reicheren für deren Hausbedarf größere
Stücke zuzuweisen: die Erdäpfel aber seien die einzige Frucht, womit sie ihre
zahlreichen Familien zu ernähren genötigt seien. In anderen Gemeinden und in
Schönau selbst sei gerecht geteilt worden. Neu war der Vorwurf, daß man bei den
Rekruten ungleich verfahre und vorwiegend Arme nehme: erst kürzlich sei unter
acht Gemusterten kein einziger Reicher gewesen.

Das Amt stellte sich erneut auf die Seite der Reichen, doch riet der Ammann eine
Woche darauf den Größeren, sie möchten etwas von den Erdäpfelfeldern abgeben,
die Sache erledige sich dann von selbst. Aber die so angestrebte gütliche Beilegung
scheiterte. Der Ammann brachte es auf den Punkt: die Kleinen seien bereit zum
Vergleich, die Großen aber niemals, und so sei die Sache nun einmal entschieden.

Ein allerletzter Versuch der Unterlegenen bei den obersten Behörden in Wien
schlug fehl. Reformen waren in der Auseinandersetzung mit dem revolutionären
Frankreich nicht mehr opportun (K 229/107588-90).

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