http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1995-01/0035
sammenschluß gelang, ohne den Einzelgemeinden das Eigengewicht und die Identität
zu rauben, war nicht selbstverständlich. Baden-Württemberg hatte überall im
Land zu einer durchgreifenden Reform der Verwaltung bei Kreisen und Gemeinden
angesetzt. Durch die Zusammenlegung. Vereinfachung und Rationalisierung
wurde eine größere Effizienz angestrebt. Dies schien schon durch die gewaltigen
Aufgaben geboten, welche die moderne Industriegesellschaft seit den 1960er Jahren
stellte. Insbesondere die kleineren Gemeinden waren den Großprojekten, die
nur überörtlich zu lösen waren, in ihrem althergebrachten Rahmen nicht gewachsen
.
Anfangs stieß das Projekt eines Gemeinde-Verwaltunssverbandes auf einhellige
Ablehnung. Man hielt den verlängerten Gang zu den Ämtern für schlecht und
befürchtete eine massive Abwanderung in den Zentralort und den Verlust des
innerörtlichen Gemeinschaftssinnes. Eigentlich ging es um die Selbstbehauptung.
Beharrte man aber auf völliger Eigenständigkeit, lief man Gefahr, durch einen
Verwaltungsakt auf Grund des Neuordnungsgesetzes zum bloßen Ortsteil der
Stadt Schönau zu werden. In diesem Ringen um Alles oder Nichts siegte im
Gegensatz zu parallelen Fällen im Land die Vernunft. Der ausgehandelte Vertrag
hat sich in der Praxis erprobt. Der neue Verband deckt sich flächenmäßig fast mit
der einstigen Talvogtei. Statt der zu Todtnau geschlagenen Orte Geschwend und
Präg ist im Süden die Fröhnd einbezogen. Mit dem Verbandswappen des Abtsstabes
von St. Blasien auf dem österreichischen Schild wurde bewußt das alte Siegel
der Talvogtei aufgegriffen.
Der Verband gab sich folgende Organisation: Verbandsvorsitzender wurde zunächst
Utzenfelds damaliger Bürgermeister Richard Böhler. Neben die Hauptverwaltung
traten folgende Ämter bzw. wurden von Schönau für den Verband geöffnet
: 1) das Grundbuchamt und Standesamt, 2) das Sozialamt, 3) dasAmt für öffentliche
Ordnung, 4) das Rechnungsamt, das Steueramt und Lohnbüro, 5) die
Verbandskasse (das Grundbuchamt war noch bis 1978 zwischen Schönau und
Utzenfeld aufgeteilt, und letzteres betreute auch Aitern und Wieden).
Die Einzelgemeinden lassen seitdem ihr Rechnungswesen und Aufgaben des
Ratschreiberamts durch hauptberufliche Fachleute erledigen. Dies reduzierte das
Personal der Orts Verwaltung: es gibt keinen Rechner und Ratschreiber mehr. Anderseits
blieben das Amt des Bürgermeisters und der Gemeinderat mit dem ganzen
Gewicht ortsbezogener Entscheidungen erhalten, und letzterer entsendet seine
Vertreter zu den Sitzungen des GW.
Zu den gemeinsam gelösten Projekten zählen die Gesamtkanalisation mit zentraler
Kläranlage. Müllplatz und Müllabfuhr. Abstimmung von Bebauungs- und
Gewerbezonen. Schulfragen (Hauptschule), Friedhofserweiterung, Verkehrs- und
Fremdenverkehrsfragen.
In einem Vierteljahrhundert hat sich die GW bewährt und auch viele
Skeptiker von den Vorteilen überzeugt. Den Einzelgemeinden ist genug an
Eigenständigkeit und Identität verblieben; man ist nicht bloß das Anhängsel
einer Großgemeinde.
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