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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
57.1995, Heft 1.1995
Seite: 110
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Reitzensteins vermutlich nicht zu Ohren und auch nicht vor die Augen gekommen
waren, einen solchen Affront seiner südlichen Nachbarn nie und nimmer begangen
hätte. Nach der Heirat seines Enkels mit Stephanie ließ er den schweizerischen
Kantonen offiziell bestätigen, daß er ihre Besitztümer und Rechte respektiere,
verlangte freilich Gegenrecht. Politisch vielversprechend schien es den wenigen
Schweizern, die diese Pläne überhaupt geahnt hatten, jetzt alles dafür zu tun, daß die
öffentlichen Kassen niemandes Habgier erregen konnten. Johannes von Müllers Rat
lautete: ..Hütet euch, irgend etwas zusammen zu sparen; laßt Brücken. Chausseen,
Institute, alles errichten, um nur den Verdacht zu vermeiden, daß im Schatz eines
Pfennigs Wert vorrätig sei". Er schrieb auch: „Überhaupt hoffe ich viel von eurer
Armut."

Am 9. August 1806 endlich äußerte sich Napoleon verbindlich, nämlich vor
zahlreichen Senatoren und Staatsräten, über das Schicksal der Schweiz: ..Versichern
Sie Ihre Freunde, daß am politischen Zustand der Schweiz nichts geändert werden
wird". Nur noch wie ein Nachklang zu den Bemühungen Reitzensteins sind die
Absichten des bevollmächtigten Ministers Dalberg, der an die Stelle Reitzensteins
getreten war, zu verstehen. Dalberg versuchte nicht so sehr, die Annexion der
Schweiz bei Napoleon beliebt zu machen, als daß er ihm die Übertragung des
Landammann-Titels der Schweiz auf den badischen Großherzog suggerieren wollte.
In einer Denkschrift Dalbergs vom August 1807 ist auch davon zu lesen, mit welchen
Tricks man die Schweizer bei guter Laune halten könnte: man müßte einfach das
Trugbild von republikanischen Formen, an denen das helvetische Volk besonders
hänge, bestehen lassen. Napoleon war anderer Meinung, auch Marschall Berthier. der
jetzt Neuenburg übernommen hatte, wollte keine gesamtschweizerischen Ambitionen
mehr entwickeln. Indem der Kaiser 1809 schließlich protokollarisch den Titel
eines ..Mediateur de la Suisse" übernommen hatte, endete die Zeit der Verunsicherung
. Vom Königreich Helvetien oder Alemannien war nicht mehr die Rede.

Fazit

Also keine helvetisch-suebische Republik 1798, kein schwäbisches Königreich
Helvetien 1806 - sind wir, Süddeutsche so gut wie Schweizer, damals noch einmal
davongekommen?

Von heute aus gesehen gewiß. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie ein
gemeinsamer süddeutsch-schweizerischer Staat zu Bismarcks Zeiten drangsaliert
worden wäre. Eine Irredenta am Oberrhein und Hochrhein hätte uns gerade noch
gefehlt. Und sicher ist auch - da hatten Napoleon und Talleyrand recht -, daß der
kleinräumige republikanische Föderalismus in der Schweiz sich mit der nach dynastischen
Zielen ausgerichteten monarchischen Denkungsart der süddeutschen Fürsten
und ihrer Beamten kaum vertragen hätte. Seit dem Schwabenkrieg (oder in
Süddeutschland dem Schweizerkrieg) von 1499 hatten sich die politischen Wege der
Leute links und rechts vom Hochrhein getrennt.

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