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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
57.1995, Heft 2.1995
Seite: 50
(PDF, 32 MB)
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Urian aufgewartet habt, immerhin schwierig wäre" (FN, 3.11.45). Und am 22.1.46
nahmen die Freiburger Nachrichten die Diskussion wieder auf, indem sie Wilhelm
Hausensteins61 "Liste positiver, dem Wesen und der Lehre des Nationalsozialismus
widersprechender literarischer Werke" abdruckten, "die trotz der offiziellen
Literaturpolitik erschienen sind, und die auch jetzt standhalten, wo die Hölle vorüber
ist." Doch Thomas Mann blieb bei seiner Einstellung und besuchte erst 1949
wieder Deutschland. 1952 kehrte er nach Europa zurück und lebte bis zu seinem Tod
1955 in Kilchberg am Zürichsee7'.

Schon früher war Alfred Döblin aus dem amerikanischen Exil zurückgekommen8
'. Der Autor des Romans "Berlin Alexanderplatz" war 1933 über Zürich nach
Paris, 1940 dann über Portugal in die USA geflohen. Im November 1945 betrat er
wieder deutschen Boden und wurde kulturpolitischer Mitarbeiter der französischen
Militärregierung in Baden-Baden. Am 22. Februar 1946 erschien in der
Badischen Zeitung ein fast ganzseitiger biographischer Aufsatz Döblins mit der
Überschrift "Abschied und Wiederkehr". An inhaltlicher und sprachlicher Genauigkeit
überragt er viele Veröffentlichungen auf den Kulturseiten der Badischen
Zeitung im Jahre 1946. Verbittert, manchmal ironisch sarkastisch, schrieb Döblin
u.a.: "Und als ich wiederkam, da kam ich nicht wieder." Über Le Havre und Paris
war er nach Deutschland gefahren. "Was ich dachte, was ich fühlte, als ich die
Nacht über fuhr und man sich der Grenze näherte? Ich war oft wach und prüfte
mich (...). Ich fahre in das Land, in dem ich mein Leben zubrachte, und aus dem
ich hinausging, aus seiner Stickluft, floh, in dem Gefühl: es wird mir zum Heil.
Und da liegt das Land, das ich ließ, und mir kommt vor, als ob ich in meine
Vergangenheit blickte. Das Land hat erduldet, wovon ich mich losreißen konnte.
Jetzt ist es deutlich geworden: ein Moloch ist hier gewachsen (...). Du siehst die
Felder, wohlausgerichtet, ein ordentliches Land. Man ist fleißig, man war es immer
. Sie haben die Wiesen gesäubert, die Wege glatt gezogen, der deutsche Wald,
so viel besungen! Die Bäume stehen kahl, einige tragen noch ihr buntes Herbstlaub
. Hier wird es deutlicher: Trümmerhaufen, Löcher, Granat- oder Bombenkrater
. Da hinten Reste von Häusern. Dann wieder (bunte Reihe) Obstbäume, kahl
mit Stützen. Ein Holzschneidewerk intakt, die Häuser daneben zerstört. Auf dem
Feld stehen Kinderchen und winken dem Zug zu. Der Himmel bezieht sich. Wir
fahren an Gruppen zerbrochener und verbrannter Wagen, verbogenen und zerknitterten
Gehäusen vorbei. Drüben erscheint eine dunkle Linie, das sind Berge, der
Schwarzwald, wir fahren weit entfernt von ihm an seinem Fuße hin." Erst im
Vergleich mit anderen Autoren der Nachkriegszeit wird deutlich, wie stark Döblins
schonungslose, unsentimentale Darstellung der Wirklichkeit aus der Masse
des 1946 und 47 Geschriebenen herausragt. Wie zur "Beruhigung" der Leser hat
die Redaktion der Badischen Zeitung in Döblins autobiographischen Bericht Eduard
Mörikes "Gebet" eingefügt: "Herr, schicke was Du willst; / ein Liebes oder
Leides: / Ich bin vergnügt, daß beides / aus Deinen Händen quillt. / Wollest mit
Freuden / und wollest mit Leiden / mich nicht überschütten! / Doch in der Mitten /
liegt holdes Bescheiden."

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