http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1997-01/0072
stark wirkende Substanzen, die häufig als Heilmittel verwendet wurden. Roche
Grenzach war auf diesem Gebiet mit einem reichhaltigen Produktionsprogramm
führend. Auf Wunsch der Kunden stellte man auch kleinste Mensen seltener Alka-
loide im Laboratorium her.
Im Handel waren damals Digalen. ein standardisiertes Herzmittel aus dem Fingerhut
, ferner Secacornin aus Mutterkorn sowie Morphin und Papaverin. die aus
Mohn gewonnen wurden.
Das Angebot an Naturstoffen wurde durch Chinin ergänzt, das man aus Chinarinde
extrahierte. Es war damals ein unentbehrliches Mittel zur Fiebersenkung und
Malariabekämpfung.
Ab 1911 wurden auch Extrakte tierischer Organe (Glandole) hergestellt. 1914
gewann man in Grenzach unter Leitung von Dr. Camille Reuter einen Extrakt der
Bauchspeicheldrüse, der blutzuckersenkende Wirkung hatte. Daraus resultierte das
Medikament Iloglandol (1923). Der Wirkstoff aus der Bauchspeicheldrüse war Insulin
, es wurde 1922 durch mehrere kanadische Forscher isoliert, wofür Bantins und
Macleod 1923 den Nobelpreis erhielten, den Banting später mit Best teilte.
Bis 1914 war die Forschung der jungen Firma in Grenzach konzentriert. Seit
1909 leitete der erst 24-jährige Dr. Markus Guggenheim die chemisch-präparati-
ven und pharmakologischen Arbeiten.
Er isolierte damals aus pflanzlichem Eiweiß eine neue Aminosäure, das Dioxy-
phenylanalin, abgekürzt L-Dopa. Später fand man, daß L-Dopa im Körper in
Dopamin umgewandelt wird. Wenn dieses biogene Amin fehlt, kommt es zur
Parkinsonschen Krankheit. Durch Gaben von L-Dopa konnte man diesen Mangel
beseitigen, das Präparat Larodopa kam 1970 in die ärztliche Praxis und wurde
später durch das Kombinationspräparat Madopar ersetzt.
Markus Guggenheim erblindete 1916 bei einem Laborunfall in Grenzach- trotzdem
blieb er ein erfolgreicher Forscher und Buchautor („Die biogenen Amine")
bis zu seiner Pensionierung 1947 in Basel.
In den folgenden Jahren wurden mehr und mehr synthetische Verfahren entwickelt.
Es gelang auf diese Weise, aus gleichen Grundstoffen, aber mit ähnlichen Synthesen
mehrere attraktive Endprodukte zu gewinnen. Ein schönes Beispiel liefern
die Roche-Produkte Papaverin, Vanillin und Kalisulfo, deren gemeinsames Ausgangsmaterial
Guajakol war. Alle drei Produkte wurden bis in die 60er Jahre
hergestellt.
In der damaligen Zeit gab es noch kein so riesiges Angebot an Schlaf- und
Beruhigungsmitteln wie heute. Roche produzierte Sedobrol. ein bromhaltiges Sedativum
, sodann Derivate der Barbitursäure. Sie wurden später durch wirksamere
Mittel ersetzt.
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