http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1997-01/0112
Moreau erkannte den Emst der Lage und ordnete den beschleunigten Rückzug
auf Haltingen und Hüningen an. In der Nacht vom 24. zum 25. Oktober 1796
marschierten alle Franzosen über die einzige Pontonbrücke bei Hüningen und
besetzten die Festung und den Brückenkopf. Wer nicht das Risiko auf sich nehmen
wollte, im Schutze seines Kellers den Krieg vorbeiziehen zu lassen, machte
sich mit Sack und Pack - wie im 30jährigen Krieg - auf den Weg in das sichere
Basel oder Riehen oder suchte Schutz in den Wäldern des Schwarzwaldes. Für
Basel selbst waren diese zeitweiligen Einquartierungen stets ein gutes Geschäft,
da die Flüchtlinge dafür Hab und Gut veräußerten. Aber auch für die Franzosen
war dies kein angenehmer und ruhmreicher Rückzug. Die meist plündernden und
raubenden Soldaten der Moreauschen Rückzugsarmee hatten den guten Ruf von
1792 längst ins Gegenteil verwandelt. Die meist zerlumpten und äußerlich wie
moralisch heruntergekommenen Soldaten zogen den Leuten in den Dörfern sogar
die Schuhe aus. um wenigstens nicht barfuß in Hüningen anzukommen.
Auch über den Hochrhein, über den Dinkelberg und das Wiesental wälzte sich der
riesige Troß, die Vorhuten und Nachhuten der französischen Armee, um schließlich
über den Tüllinger Berg nach Hüningen zu verschwinden. Um den zögerlich nach-
rückenden Österreichern einen starken Gegner vorzutäuschen, hatte man auf dem
Tüllinger Berg zahlreiche Feuer angezündet. Unter den schwierigsten Bedingungen
konnte Moreau so fast ohne wesentliche Verluste an Menschen. Waffen und Fahrzeugen
vom Lech bis an den Rhein seine Armee in Sicherheit bringen.
So erscheint später Schliengen auf dem Are de Triomphe in Paris als großer
Sieg der Franzosen unter den Feldzügen der Koalitionskriege, während es gleichzeitig
auch auf dem Reiterdenkmal Erzherzog Karls am Heldenplatz in Wien auf
der Erfolgsliste der Österreicher verbucht wird. In dieser Zeit entsteht auch ein
Tapetenentwurf mit der Darstellung Karls als dem großen Befreier Deutschlands,
den der Erzherzog für seine spätere Residenz in Wien siegesgewiß in Auftrag gab.
Schon am 26. Oktober begab sich Karl über Freiburg wieder in sein Hauptquartier
nach Offenburg. Bei seiner Durchreise in Freiburg wurde er begeistert empfangen
und der Karlsplatz nach ihm benannt.
Wenn Zehntausende von Soldaten, seien es Franzosen oder die nachfolgenden
Österreicher - unter ihnen das bunte Völkergemisch des Balkans und der unteren
Donau - in jenen Jahren des l. und 2. Koalitionskrieges das eigentlich neutrale
Markgräflerland bevölkerten, bedeutete dies immer eine finanzielle Belastung der
betroffenen Gemeinden wie der einzelnen Bürger. Das alte Zunftzeichen der Bierbrauer
, die beiden zum Sechseck ineinandergeschobenen Dreiecke, taucht nicht
umsonst in jenen Jahren vermehrt auch an den Wirtschaften des Markgräflerlandes
auf. denn zu den Versorgungspflichten der Quartierleute gehörte die tägliche Lieferung
von 1 Liter Wein pro Soldat, und dies oft bei 40 bis 100 Soldaten je
Quartier, wie z.B. in Tüllingen im Oktober 1797. Selbst bei begüterten Winzerfamilien
war die Jahresernte oft schon an Weihnachten verbraucht. So behalf man
sich mit dem Brauen von Bier, weshalb gerade in der napoleonischen Zeit die
meisten Braurechte im Markgräflerland vergeben wurden.
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