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einem Sprung in Sicherheit und feuerte zwei Schüsse ab. die erwidert wurden.
Daraufhin lief der Gendarm dem Bahndamm entlang in Richtung Schliengen. um
das Herannahen eines Zuges zu verhindern, was ihm auch gelang. Für dieses
umsichtige Verhalten wurde ihm eine Auszeichnung in Aussicht gestellt. K. Schäfer
schreibt in der Neuenburger Chronik: „Inzwischen erfolgte die Einvernahme
von Augenzeugen des Überfalles. Schuhmacher Schlecht fand die Sache nicht
gefährlich. Er hatte am Ortseingang eine Anzahl Bewaffneter getroffen, die ihn
mit .Großvater' anredeten. Das gefiel ihm nicht schlecht; als er aber sah. daß sie
in den Reben sich an den Trauben gütlich taten und dazu noch die ihnen nicht
zusagenden Gehänge zu Boden warfen, wo doch ein Winzer jedes Beerlein aufhebt
, fühlte sich der Rebbauer in ihm gekränkt. Ein Teil der Mannschaft hatte es
sich im Gasthaus &an Adler' gemütlich gemacht und den ,Ausflug' gefeiert. Sie
hätten sich anständig benommen und ihre Zeche bezahlt. Merkwürdigerweise berichtet
keiner der Augenzeugen etwas von einem dichten Nebel. Einige der Täter
waren von den Bellingern erkannt worden. Es waren Leute aus Klein-Landau
namens Damian und Joseph Wenzingen Damian Lami, Nikolaus und Xaver Müß-
lin, Martin Müller und ein Mann namens Behringer. Entwendet worden waren
fünf Steinwaidlinge und ein halblanger Waidling mit vier Senkwurstketten."361
Daß einige Aussagen widersprüchlich waren, trug dazu bei. Gerüchte in Umlauf
zu bringen. So wurde den Bellingern vorgeworfen, nichts gegen die Eindringlinge
unternommen zu haben. Man konnte nicht verstehen, daß die Bewohner von Bellingen
nicht versuchten, die Franzosen zurückzutreiben oder sie gefangenzunehmen
, ganz im Gegenteil, man habe sie sogar noch bewirtet. Im ..Oberrheinischen
Anzeiger" wurden die Bellinger in Schutz genommen. Ein Ausschnitt aus dem
Bericht lautete: ..[... / Nach geschehener Landung und in der ersten Verwirrung
wäre ein Angriff auf eine wohlbewaffnete und organisierte Schar über deren Größe
von den Leuten die übertriebensten Angaben gemacht wurden, ein sehr gewagter
Entschluß gewesen, den die Bellinger wahrscheinlich jetzt zu bereuen hätten,
denn ihre paar Schrotladungen wären ohne Zweifel erwidert worden. Man muß
sich nur die Verwirrung vergegenwärtigen, welche selbst in großen Städten beim
Erscheinen von Truppen zu entstehen pflegt, um das friedliche Verhalten der
Bellinger begreiflich und klug zu finden. [ ... ] Wie man es nicht der ganzen
Einwohnerschaft von Bellingen zu Last legen darf, wenn in ihrer Mitte wie überall
Einzelne sich befinden, die gar keine Gesinnung haben und sich nur nach dem
Winde drehen, so ist es auch eine allgemeine Erfahrung, daß bei jedem derartigen
Ereignis die geschäftige und meist boshafte «Fama» allerlei hinzudichtet, wie
z. B. die Einwohner von Bellingen hätten beim Umhauen der Telegraphenstangen
geholfen und dergleichen."37'
Lorenz Huber. der von 1850 - 1891 Pfarrer von Bellingen war, hat im Pfarrbuch
diesen Vorfall festgehalten. Huber sah den Überfall folgendermaßen: „Am
31. August kamen bei sehr starkem Nebel französische Mobilgarden bei Bellingen
über den Rhein, morgens ganz. früh. Um 5 Uhr bemerkten die Bellinger sie in den
Reben nahe beim Ort. Die Franzosen sägten drei Telegraphenstangen ab und
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